In den Alpen war der Braunbär zu Beginn des 20. Jahrhunderts fast ausgerottet. Zuvor hatte er den ganzen Alpenbogen besiedelt, doch Ende der 1940er Jahre lebten nur noch isolierte Einzeltiere in den Savoyer Alpen in Frankreich, sowie in Trentino in Italien. In den anderen Alpenländern galt er zum Teil bereits ab dem 18. Jahrhundert als ausgerottet. Im Süden und Südwesten Sloweniens wurde der Braunbär ab 1935 unter Schutz gestellt und der Bestand umfasst heute mehr als 300 Tiere. Die gesamte Dinarische Population umfasst sogar rund 2.800 Braunbären. Diese Population konnte überleben, da es seit 1935 landesweit einheitliche Jagd- und Schonzeiten gibt und das Auslegen von Gift-Ködern ab 1962 verboten wurde.
Weltweit gibt es schätzungsweise ca. 200.000 Braunbären. Davon leben ungefähr die Hälfte in Russland, im restlichen Europa finden sich ca. 17.000 Exemplare. Weitere große Populationen befinden sich in den USA und Kanada mit jeweils ca. 33.000 und 25.000 Bären15. Die Verbreitungsgebiete der Braunbären in Europa erstrecken sich über die Karpaten, das Dinarische Gebirge, die Alpen sowie den östlichen Balkan, die Pyrenäen, die Apenninen und das Kantabrische Gebirge.
Rückkehr nach Österreich
In Österreich gibt es heute keine fest etablierten Bären. Allerdings gibt es immer wieder „Grenzgänger“ aus benachbarten Populationen. Besonders junge, männliche Bären wandern immer wieder nach Österreich ein. Durch die neuen Jagd- und Schutzbestimmungen wurde dieser Vorgang beschleunigt. Legendär wurde der so getaufte „Ötscherbär“, der sich 1972 in den steirisch-niederösterreichischen Alpen niederließ. Der Ötscherbär entfernte sich über 250 km von seinem Geburtsort9. 1989 und 1993 wurden drei weitere Bären aus Kroatien und Slowenien in Österreich im Gebiet des „Ötscherbären“ ausgewildert. Diese Ansiedlung war erfolgreich und es entwickelte sich eine neue, natürliche Popuation von bis zu 30 Tieren. Allerdings gilt diese seit 2011 als ausgestorben, nachdem man keine Bären mehr ausfindig machen konnte.
Die Grenzgänger kommen vor allem an der slowenischen und italienischen Grenze vor.
Potenzielle Lebensraumgebiete in Österreich bietet vor allem der Alpenraum. Dort kann sich der Bär vor den Menschen zurückziehen und findet auch ausreichend Nahrung. Habitate für den Braunbären lägen zum Beispiel in den Karawanken, den Karnischen und Gailtaler Alpen in Kärnten und Osttirol. Außerdem zählen die Nördlichen Kalkalpen in der Steiermark, Niederösterreich sowie Oberösterreich zu guten Lebensräumen für Bären. Auch rund um den Arlberg könnten Bären vorkommen.
Allgemeines
Der hier in Österreich vorkommende Eurasische oder Europäische Braunbär (Ursus arctos arctos) ist eine der 14 Unterarten des Braunbären, die in der Welt vorkommen. Ihr Ausbreitungsgebiet erstreckt sich vor allem auf der Nördlichen Hemisphäre von Nordamerika bis hin zur Mongolei. Aber noch im Mittelalter hatten die Bären ein viel größeres Verbreitungsgebiet als heute. Sie waren auf dem kompletten europäischen Festland sowie Großbritannien verbreitet. Vor Jahrtausenden kamen Braunbären auch auf Irland vor. Durch genetische Untersuchungen von Knochen- und Zahnfunden fand man heraus, dass Eisbären von irischen Braunbären abstammen. Durch Jagd und Verfolgung wurden die Braunbären jedoch in vielen Regionen vertrieben und ausgerottet.
Der bevorzugte Lebensraum des Braunbären sind Wälder, offene alpine Tundren und subalpine Buschtundren, Wüsten und Halbwüsten. Er ist allerdings sehr anpassungsfähig und braucht vor allem genügend Nahrung und Höhlen in seinem Lebensraum. Natürliche Feinde besitzt ein ausgewachsener Braunbär nicht, Jungtiere sind häufiger eine potenzielle Beute für zum Beispiel Wölfe oder männliche Bären. Der größte des Bären Feind ist der Mensch.
Der Braunbär hat eine Kopf-Rumpf-Länge von 150 bis 250 cm. Dazu kommt eine Schwanzlänge von sechs bis 14 cm und eine Schulterhöhe von 90 bis 150 cm. Auch beim Braunbären besteht ein Geschlechtsdimorphismus, die Weibchen sind deutlich kleiner und leichter als die männlichen Tiere. Ein männlicher Braunbär wiegt ungefähr 135 bis 250 kg, die Weibchen üblicherweise zwischen 80 bis 120 kg. Die Statur des Bären ist groß und massig, mit gedrungener, kräftiger Hals- und Nackenpartie sowie einer langen Schnauze mit eng beieinanderstehenden Augen und rundlichen Ohren. Seine Fellfärbung variiert nach Lebensraum und Unterart und reicht von dunkelbraun über gräulich-braun bis hin zu blond oder fuchsrot. Die Braunbären sind Sohlengänger, wobei die hinteren Pranken größer als die vorderen sind. Bei Bedarf können sie hohe Geschwindigkeiten von bis zu 50 km/h erreichen. Die Sinne der Braunbären sind alle gut ausgebildet, vor allem die olfaktorische und akustische Wahrnehmung sind besonders gut ausgeprägt. Der Sehsinn ist mit dem menschlichen Sehsinn vergleichbar.
Bären sind Einzelgänger
Braubären sind Einzelgänger, die vorwiegend dämmerungs- und nachtaktiv sind, außer sie befinden sich in einem nicht vom Menschen beeinflussten Gebiet. Hier streifen sie auch tagsüber durch ihre Streifgebiete. Braunbären besitzen ein Steifgebiet, das bis zu hunderten Quadratkilometern groß sein kann. Abhängig ist die Größe von dem Nahrungsangebot (je weniger, desto größer), der Topografie sowie dem Alter und Geschlecht der Tiere. Auch können sich Streifgebiete von Bären überlappen, da Bären nicht territorial sind und Artgenossen tolerieren. In freier Wildbahn können Bären bis zu 20 Jahre alt werden. In Gefangenschaft können sie bis zu 30 Jahre alt werden.
Junge Bären werden mit drei bis fünf Jahren geschlechtsreif. Da die Jungtiere bis zu zwei Jahren bei ihrer Mutter bleiben, werden weibliche Bären normalerweise auch in einem Abstand von zwei bis drei Jahren trächtig. Die Paarungszeit findet zwischen Mai und Juli statt. In dieser Zeit kämpfen die männlichen Bären gegeneinander um ein Weibchen. Der Gewinner hält sich häufig noch nach der Paarung in der Nähe des Weibchens auf, um zu verhindern, dass sich andere mit ihr paaren. Die Entwicklung des Embryos beginnt allerdings erst im November, da die befruchtete Eizelle sich dann im Uterus einnistet. Die eigentliche Tragezeit beläuft sich also ab November auf sechs bis acht Wochen. Ende Januar bis Anfang Februar wirft die Bärin, noch in der Winterruhe, ein bis vier Junge, die blind, taub und fast nackt zur Welt kommen. Sie werden circa vier Monate lang gesäugt und verlassen dann zusammen mit ihrer Mutter die Höhle. Danach bleiben sie noch bis zu zwei Jahre bei ihrer Mutter, die ihren Nachwuchs allein aufzieht. Braunbären sind opportunistische Allesfresser und ihr Speiseplan hängt von den Angeboten des jeweiligen Gebietes ab. Hauptsächlich besteht ihre Nahrung aus pflanzlicher Kost. Neben dieser werden auch Aas, Vögel, Fische, Mäuse oder Rehe gejagt. Je nach Angebot jagen sie in manchen Regionen vorwiegend, in anderen suchen sie Insekten, Beeren, Pflanzen und fressen Aas.
Die Besonderheit unter den Großbeutegreifern ist, dass der Braunbär eine Winterruhe hält. Dabei legt er sich im Herbst Reserven für den Winter an und zieht sich in Mitteleuropa von Oktober bis April in seine Höhle zurück. Die Körpertemperatur sinkt in dieser Zeit, die Atemfrequenz und der Herzschlag sinken deutlich ab. In der Winterruhe nehmen sie weder Wasser noch Nahrung auf und setzten auch keinen Kot oder Urin ab. Allerdings können sie durchaus aufwachen und in milden Wintern auch ihre Höhle verlassen. Zu starke Störungen oder zu milde Winter können die natürliche Balance durcheinanderbringen und den Bären zu schaffen machen, da er durch jede Störung mehr von seinen Reserven verliert, die er für den ganzen Winter angelegt hat.
Status des Bären
Der Braunbär ist eine geschützte Art. In Europa wird der Braunbär durch das Washingtoner Artenschutzabkommen (CITES), die Berner Konvention sowie die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie geschützt. Weltweit gilt der Braunbär nach den IUCN-Listen als nicht gefährdet, ist aber in vielen Ländern ausgerottet oder bedroht und steht unter strengstem Schutz.
Immer noch bedroht wird der Braunbär durch Wilderei. Gerade in Österreich wird vermutet, dass die meisten eingewanderten Bären Wilderern zum Opfer fielen. Weiterhin macht die Lebensraumzerstückelung den Bären zu schaffen. Unüberwindbare Hindernisse wie Autobahnen schränken die Mobilität ein und lassen die genetische Vielfalt in schwer zu erreichenden Gebieten sinken, was problematisch ist. Eine weitere Bedrohung stellt der Mensch und seine Beanspruchung verschiedenster Lebensräume dar. Der dadurch entstehende Nutzungskonflikt von Flächen steht dabei im Zentrum.
Einfluss des Bären auf den Wald
Je nachdem wie viele Bären in einem Gebiet vorkommen und wie ihre Hauptnahrung aussieht, können sie begrenzend auf die Schalenwildbestände wirken. Das Hauptaugenmerk bei der Jagd liegt hier allerdings eher auf den Jungtieren. In einem Gebiet mit Braunbären werden diese eher in seltenen Fällen zu einem limitierenden Faktor für die Schalenwaldbestände. Aufgrund dessen können sie nicht allein beziehungsweise nicht mit unmittelbar großem Erfolg zur Waldverjüngung und Waldregeneration beitragen. Dieses Phänomen wird auch aus Nordamerika berichtet, wo die Bären kaum eine limitierende Rolle im Schalenwildbesatz spielen.
Mit anderen Beutegreifern zusammen kann sich das allerdings ändern. So besteht zum Beispiel zusammen mit dem Wolf ein stärkerer Jagddruck auf Schalenwild. Meistens machen Bären Wölfen die erlegte Beute streitig und fressen die verbleibenden Kadaver. Auch die Prädation der Jungtiere kann zu geringeren Beständen führen, da zu einem demographischen Wandel im Bestand führt. Es werden weniger Tiere groß, dadurch gibt es weniger adulte Tiere und es kommt zu weniger Verbiss. Dadurch können die Wälder sich mehr erholen, Verjüngung kann natürlich nachkommen und auch andere Schäden an Bäumen gehen zurück. Der Wald kann vitaler und resilienter werden, da mehrere Baumarten durchkommen, die sonst verbissen wurden. Dieser resiliente Wald bringt Vorteile für die Biodiversität, Tiere und nicht zuletzt auch für Menschen. Zum Beispiel gegenüber Wetterextremen, Schädlingsbefall und anderen Kalamitäten, die in Zukunft sicherlich öfter oder intensiver auftreten werden.
Somit wirken Bären nicht unbedingt allein als „Helfer des Waldes“ für die natürliche Waldentwicklung, spielen jedoch in Verbindung mit weiteren Beutegreifern eine bedeutende Rolle im Ökosystem. Mit dieser Wechselwirkung kann es in den Gebieten, in denen Wolf und Bär vorkommen, zu einer natürlichen Waldentwicklung mit angemessenen Wildbeständen kommen. Neben der Wechselwirkung im Zusammenspiel mit anderen Prädatoren haben sie auch als Aasfresser eine ökologische Bedeutung. Ob in Mitteleuropa dieser Effekt auf den Wald erzielt werden kann, ist jedoch nicht sicher zu sagen, da mit der zerstückelten Landschaft Probleme bzw. Limitationen mit den Streifgebieten und Territorien einhergehen. In vielen mitteleuropäischen Regionen wird dies wahrscheinlich nicht oder nur kaum möglich sein.