Die Europäische Wildkatze – ein Qualitätssiegel für den Wald

Man sieht sie fast nie. Man hört sie kaum. Doch sie ist heimlich zurückgekehrt. Nach über fünfzig Jahren durchstreift die europäische Wildkatze wieder österreichische Wälder. Sie ist eine „echte“ Europäerin, die schon vor über 300.000 Jahren unsere Wälder bewohnte, lange bevor die Römer die ersten Hauskatzen zu uns brachten. Vor 150 Jahren war sie noch häufig in unseren Wäldern anzutreffen, vor allem in der Osthälfte Österreichs. Danach wurde sie, als „Raubzeug“ verschrien, gnadenlos verfolgt. Heute gilt sie als ausgestorben oder verschollen, doch seit einigen Jahren mehren sich die Hinweise, dass sie im Norden, Süden und Osten wieder nach Österreich einwandert, vor allem im Waldviertel, der Wachau und in Kärnten.

Wald als Lebensraum

Wildkatzen lieben Waldränder mit reichen Heckenstrukturen und naturnahe Wälder mit kleinen Lichtungen, denn dort finden sie ihre Lieblings-Beutetiere, die Mäuse. Auf ihrem Speiseplan können – je nach Angebot – auch Kaninchen, Vögel, Eidechsen oder Frösche stehen. Sie streifen alleine umher und sind reviertreu, Kater leben auf einer Fläche von 1.000 bis 3.000 Hektar. Nur in der Paarungszeit von Jänner bis März kommen Kater und Kätzin zusammen. Im Frühling kommen die anfangs blinden Jungtiere zur Welt, um die sich die Mutter alleine kümmert. Schon im Sommer begleiten sie die Mutter auf der Jagd, im Spätsommer lernen sie, selbständig zu jagen. In Wildkatzengebieten darf nicht länger als 2 Monate im Jahr Schnee liegen, denn wegen ihrer kleinen Pfoten sinken Wildkatzen leicht im Schnee ein und sie können deswegen nicht gut jagen. Aufgrund ihrer äußeren Ähnlichkeit mit der Hauskatze wird die Wildkatze leider immer noch manchmal erschossen. Straßen zerschneiden sehr oft Wildkatzengebiete, weswegen die Tiere der ständigen Gefahr des Straßentods ausgesetzt sind. Durch die Zerstörung alter, naturnaher Wälder haben sie außerdem immer weniger Lebensraum.

Der Wildkatze auf der Spur

Die scheue Waldbewohnerin zu finden ist gar nicht so einfach, sie zählt zu den am wenigsten bekannten Säugetieren überhaupt. Deswegen nutzen Wildkatzenforscher Methoden wie bei der Kriminalpolizei. Sie schlagen raue Holzpflöcke, sogenannte Lockstöcke, in den Boden und besprühen sie mit Baldriantee. Wildkatzen lieben den Baldrian-Geruch und kommen, davon angelockt, zu den Pflöcken. Wenn sie sich daran reiben, hinterlassen sie im besten Fall ein paar Haare. Die Haare werden als „Beweismittel“ abgesammelt und in ein Labor geschickt. An den Haarwurzeln haften einzelne Zellen, welche genetisch analysiert werden. Mit dieser Methode kann nicht nur zwischen Wild- und Hauskatze unterschieden werden, sie ermöglicht sogar die Identifizierung einzelner Individuen. Das Anbringen von Wildkameras ist eine einfache, für jeden leicht anwendbare Methode. Sie wird bereits in vielen Jagdrevieren und auch von den Österreichischen Bundesforsten oder privaten Waldbesitzern praktiziert. Anhand bestimmter Merkmale kann man die Wildkatze von der Hauskatze auf den Fotos unterscheiden. So bekommen die Forscher wertvolle Hinweise auf mögliche Wildkatzengebiete, den 100% Beweis liefert aber nur der genetische Nachweis.

Stubentiger oder Wildkatze?

Nur geübte Experten können Wild- und Hauskatze wirklich unterscheiden. Die Wildkatze hat ein graues, gelb, bis ockerfarbiges Fell mit verwaschener, kontrastarmer Tigerung. Ihr Schwanz wirkt etwas kürzer und buschiger als der der Hauskatze, mit 2-3 deutlich getrennten Ringen und stumpfem Schwanzende. Ein prägnantes Merkmal ist der durchgehende, schwarze Aalstrich am Rücken. Häufig haben Wildkatzen einen kleinen, weißen Kehlfleck. Ihr Kopf wirkt wuchtig, das Haar ist länger, weswegen die Ohren kleiner wirken als bei der Hauskatze. Es gibt auch Hybride, also Mischlinge aus Wild- und Hauskatzen, da sich diese untereinander verpaaren können, was auch passiert. Dann ist die optische Unterscheidung noch schwieriger und eindeutig nur mit einer genetischen Probe möglich. Diese Vermischung stellt auch eine Gefahr für die Wildkatze dar, da dadurch die Art immer mehr verschwinden könnte. Aus diesem Grund ist die Kastration freilebender Hauskatzen sehr wichtig. Auch Hunde können Wildkatzen an ihrem Geruch eindeutig von Hauskatzen unterscheiden, daher werden diese „Wildkatzenspürhunde“  mittlerweile auch zur Suche nach der wilden Waldbewohnerin eingesetzt. 

Wie sieht ein wildkatzenfreundlicher Wald aus?

Damit die Wildkatze sich in unseren Wäldern verbreiten kann, sind mehrere Faktoren notwendig. Vor allem Forstleute, Landwirte und Jäger sind angeregt, diese umzusetzen.

Das braucht die Wildkatze: 

  • mehr als 1.000 ha große Laubmischwälder mit hohem Totholzanteil (mind. eine Totholzinsel/ha)
  • Biotopbäume, Wurzelteller, Holzganter, Asthaufen und ähnliche Strukturen
  • unbewirtschaftete Böschungen, Hecken und Baumreihen als Korridore
  • naturnahe Gewässer wie Teiche oder Bachtäler
  • strukturierte Waldränder mit Büschen
  • extensive Freiflächen und sonnige Waldwiesen, z.B. keine vollständige Aufarbeitung von Windwurfflächen

Im Wildkatzengebiet sollten:

  • stillgelegte Steinbrüche, Erd- oder Felshöhlen erhalten werden
  • Wiesenbrachen entlang von Fließgewässern erhalten werden
  • halboffene Weidelandschaften etabliert werden
  • keine Gifte gegen Insekten und Nagetiere verwendet werden
  • keine stark befahrenen Straßen vorhanden sein 
  • intensive Bewirtschaftungsmaßnahmen nur zwischen September und Februar durchgeführt werden
  • „Ruhezonen“ für die Jungenaufzucht ausgewiesen werden
  • keine Hauskatzen abgeschossen werden (Verwechslungsgefahr mit der Wildkatze!)
  • Freilaufende Hauskatzen kastriert und geimpft werden.

Diese und weitere Faktoren führen zu einem Wald mit hoher Biodiversität, in dem sich nicht nur die Wildkatze, sondern auch andere gefährdete Tierarten wie Alpenbock, Habichtskauz, Haselmaus oder Schwarzstorch so richtig wohl fühlen.

Melden Sie sich für unseren Newsletter an!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert