Die Jahre 2018 und 2019 werden wahrscheinlich in die Geschichte eingehen als die Jahre mit den meisten Waldbränden weltweit, so auch in Mitteleuropa. Während wir Waldbrände in den Tropen, Afrika oder auch in weitläufigen borealen Wäldern des Nordens gewöhnt sind, waren Waldbrände im deutschsprachigen Raum lange Zeit kein großes Problem. Durch den Klimawandel und damit einhergehende Dürreperioden könnte sich dies jedoch ändern. Wie schlecht vorbereitet viele Forstbetriebe und Feuerwehren auf große Waldbrände sind, zeigte sich im Jahre 2018 in Brandenburg.
Treuenbrietzen ist eine kleine Stadt nahe Berlin, umgeben von 20 km² eigenem Stadtwald und einem Mosaik aus Privatwald, der zum Großteil durch eine Eigentümer-Genossenschaft verwaltet wird. Auch wenn der Stadtwald seit über 10 Jahren nach dem Prinzip der „Naturgemäßen Waldwirtschaft“ bewirtschaftet wird, besteht der Großteil dort immer noch aus den für Sandböden typischen Kiefermonokulturen. Da Waldbrände hier lange kein Thema waren und die Region wirtschaftlich schwach ist, wurde hier in den letzten Jahrzehnten der wirtschaftliche Ertrag des Waldes in den Vordergrund gestellt.
Welche Gefahr Monokulturen in Zeiten von zunehmender Hitze und abnehmender Niederschläge darstellen, zeigte sich gegen Ende des Jahrhundertsommers 2018. Dieser war der sonnenreichste aller Zeiten in Brandenburg und die Niederschlagsmenge so gering wie erst viermal seit Beginn der Aufzeichnungen. Diese Kombination führte zu einem nie dagewesenen Austrocknen der Böden, da die Kiefermonokulturen mit ihrem lichten Kronendach und humusarmen Boden nicht genug Wasser zurückhalten konnten. Zwar gibt es ähnliche Bedingungen regelmäßig in anderen Teilen der Welt, dort ist man jedoch auf Waldbrände eingestellt. In Treuenbrietzen waren jedoch sowohl Förster als auch Feuerwehr und Anwohner überrascht, wie schnell sich der Brand, der am 23.8.18 ausbrach, ausbreitete.
Wie aus Feuerwehrberichten zu entnehmen ist, trafen die meisten Einsatzkräfte erst ein, als die Rauchwolke des Brandes bereits aus vielen Kilometern Entfernung zu sehen war. Anscheinend hatten sich an mehreren Stellen gleichzeitig – Hinweise auf Brandstiftung konnten nicht gefunden werden – Bodenfeuer entfacht, die sich im ausgetrockneten Gras und Kiefernstreu rasant ausbreiteten. In trockenen Gegenden der Erde sind solche Bodenfeuer Teil des Alltags und es werden vorsorglich Maßnahmen getroffen, um eine Ausbreitung einzuschränken. Auch zuständige Förster in Treuenbrietzen forderten sogenannte Waldbrandriegel, Randstreifen aus Laubbüschen, die deutlich mehr Feuchtigkeit halten als Kiefern und Gras und Waldbrände damit stoppen können. Wie wichtig Waldbrandriegel gewesen wären, zeigte sich an der Bundesstraße, die durch das Gebiet des Brandes läuft. Die Bundesstraße und die einige Meter davon parallel liegenden Bahngleise wurden von vielen als unüberwindbares Hindernis für ein Bodenfeuer gesehen. Starke Winde sorgten jedoch dafür, dass die Flammen an einigen Stellen auf die Kronen übergriffen und sowohl die Straße als auch die Gleise überspringen konnten.
Zur Bekämpfung des Waldbrandes wurden innerhalb von vier Tagen ca. 5000 Helfer hinzugezogen, die Tag und Nacht arbeiteten, um die Flammen unter Kontrolle zu bekommen. Das Problem waren in vielen Fällen jedoch nicht fehlende Helfer, sondern fehlende Ausrüstung und fehlendes Wasser. Da die ganze Region seit Monaten unter Trockenheit litt, waren die Wasserreserven bereits dezimiert und nicht genug Löschfahrzeuge zur Verfügung, um genug Wasser von teilweise weit entfernten Wasserentnahmestellen zu den Brandherden zu transportieren. Infolgedessen musste die Feuerwehr zu einer Technik greifen, die die meisten Einsatzkräfte noch nie im Ernstfall verwendet hatten. Per Hand wurden mithilfe von Schaufeln und Spaten Gräben gezogen, um den Brand zu stoppen. Dies gelang auch an einigen Stellen, ist jedoch eine sehr aufwändige und kräftezehrende Methode. In vielen Gegenden der Welt, die besser auf Waldbrände eingestellt sind, werden stattdessen Gegenfeuer zur Bekämpfung verwendet. Das bedeutet, dass Grasstreifen rund um den Brandherd gezielt abgebrannt werden. Dadurch steht dem Feuer kein Brennstoff mehr zur Verfügung, sobald es diesen Streifen erreicht, und es kann sich nicht weiter ausbreiten. In Deutschland werden Gegenfeuer als Maßnahme zur Waldbrandbekämpfung jedoch nicht eingesetzt, da ihre Kontrolle Fachwissen erfordert, das in Deutschland nicht vorhanden ist.
Nach 9 Tagen konnte der Brand gestoppt werden. Für 400 Hektar Wald war das jedoch zu spät. Dank der unermüdlichen Arbeit der 5000 Helfer blieben sämtliche Häuser und Menschen- unbeschadet. Jedoch zeigt dieses Ereignis auch, dass die Feuerwehren in vielen Teilen Mitteleuropas nicht ausreichend auf Waldbrände vorbereitet sind. Sämtliche Klimaprojektionen sagen vorher, dass die Waldbrandgefahr in Mitteleuropa flächendeckend zunehmen wird, weswegen dieses Thema in den Fokus gerückt werden muss.