Eine Reflexion über vergangene und gegenwärtige forstwirtschaftliche Praktiken im Tatra-Gebirge – Teil 2

Eine augenöffnende Wanderreise

Um den Einfluss und das Ausmaß der menschlichen Waldausbeutung und die Auswirkungen des Weidedrucks vollständig zu verstehen, brauchte ich Erfahrungen aus der Praxis. Ich konzentrierte mich darauf, Gebiete zu erkunden, in denen die Auswirkungen der menschlichen Ausbeutung auch nach mehreren Jahrhunderten noch sichtbar sind, und gleichzeitig kleine Fragmente wilder Wälder zu besuchen, die irgendwie vom menschlichen Druck verschont geblieben sind. Diesen Kontrast zu sehen und zu studieren, verschaffte mir unschätzbare Erfahrungen und Kenntnisse. Es war wie eine Reihe von Reisen in historische Gebiete. Eine Ära, in der der Großteil des bewaldeten Landes keine Straßen hatte, keine Abholzung und keine Beweidung existierte. Selbst Jäger nutzten das Land nur selten. Lassen Sie mich eine Geschichte mit Ihnen teilen, um zu veranschaulichen, was ich meine: 

Ich war zu Fuß in einem abgelegenen Tal im nördlichen Teil der Slowakei unterwegs, in einer Region, in der die Karpaten die höchsten Gipfel erreichen. Ich war auf dem Weg ins Tatra-Gebirge. Um an diesen wilden Ort zu gelangen, war es eine anspruchsvolle Reise. Ich war auf dem Weg in die Wildnis, wo es fast keine Anzeichen menschlicher Aktivitäten gab. 

Der untere Teil des Vorgebirges, den ich durchwanderte, war von einem von Menschen angepflanzten, von Fichten dominierten Wald bedeckt. Hier waren die Auswirkungen der fortlaufenden Forstwirtschaft sehr sichtbar. Das flache Land mit einem Rest eines mäandrierenden Flusses (ein bedeutender Teil war bereits kanalisiert) erleichterte den Zugang für die Einheimischen schon vor mehreren Jahrhunderten. Dieses Land bot Holz, begrenztes Weideland und Wildbret. In jüngster Zeit wurde in diesem Gebiet ein Netz von unbefestigten Straßen entwickelt, Flüsse wurden modifiziert, Brücken wurden gebaut. In der Folge nahm die Ausbeutung in den letzten Jahrzehnten deutlich zu. Der kleine Canyon vor mir hielt Förster und Holzfäller vorübergehend auf. Weiter führte nur noch ein schmaler Pfad zu den Bergen am Horizont. Bis zur Mündung des Tals, das ich ansteuerte, waren es noch mehrere Kilometer. 

Im Tal angekommen, wanderte ich mehrere Stunden durch dichten Wald mit vielen riesigen stehenden und umgestürzten Bäumen, Sümpfen und einem Netz von kleinen Flüssen und Bächen. Das Gelände begann anzusteigen und das Vorankommen wurde sehr langsam. Der schmale Pfad war oft durch umgestürzte Bäume und eine wachsende Anzahl von Felsen blockiert. Dieser Teil des Pfades muss regelmäßig gesäubert und umgestürzte Bäume gefällt worden sein, um die Begehbarkeit des Pfades zu erhalten. Aber auch so verlangsamten Totholzhaufen mein Vorankommen und verursachten manchmal Umwege, um Totholzhaufen oder schlammige und nasse Stellen zu umgehen.

Schließlich erreichte ich die Stelle, an der ich beschloss, zu übernachten. Es war eine kleine Höhle, die auch bei Regen trockenen Schutz bot. Ein kleiner Bach in der Nähe bot Trinkwasser und eine kleine Schwemmlandwiese einen Ausblick auf die umliegende Landschaft. Hinter der Wiese fand ich mehrere Tage alten Bärenkot und seine Spuren am Stamm einer jungen Fichte. Offensichtlich hatte ich sein Reich betreten. 

Am nächsten Morgen erreichte ich nach mehrstündigem Wandern und Klettern an steilen Hängen die Baumgrenze und die Aussicht wurde mit jedem Schritt besser. Noch ein paar Kilometer weiter und der Weg verwandelte sich in einen grasbewachsenen Pass, der zwischen steilen Felskämmen eingezwängt war. Erst am Tag zuvor war ich in einem wilden Wald mit spektakulären Bäumen in der Umgebung gewesen, jetzt staunte ich über einen schmalen Pass hoch über der Baumgrenze.  Das Panorama jenseits des Passes war schockierend. Es bot zwei Perspektiven der Natur und des Lebens: Hinter mir lag das Tal, das ich bereits erwandert hatte, wie ein Fenster zur wilden Vergangenheit und vor mir ein Fenster zur Gegenwart.

Ein Fenster zu einer wilden Vergangenheit

Es war schockierend, den Unterschied in der Zusammensetzung und Struktur der Baumgrenze zu sehen. Das Tal hinter mir bot ein hervorragendes Beispiel für eine fast natürliche, unbeschädigte und sehr dynamische Baumgrenze. Die Komplexität eines mehrjährigen Waldes im Tal hinter mir, der wie große grüne Wellen die steilen Berghänge hinaufkletterte, war enorm. Öffnungen waren nur an Stellen zu sehen, an denen Bruchstücke steiniger Moränen das Wachstum von Bäumen begrenzten, oder an kleinen Senken, die von Feuchtgebieten mit Gras und Moos bedeckt waren. 

Mit zunehmender Höhe verlor der Wald allmählich an Dichte und Höhe und wurde durch eine dichte Decke aus Latschenkiefern ersetzt. Diese niederliegende Kiefer bildete eine dichte, undurchdringliche Deckung. Nur einige hundert Meter weiter oben wurde dieser Latschenkiefernbestand immer mehr zersplittert und ging allmählich in Almwiesen über. Ich hatte Glück, denn es war Spätfrühling und so war diese Struktur und Vielfalt der Baumgrenzen-Ökosysteme gut sichtbar. Der Schnee war fast vollständig geschmolzen und die Almwiesen blühten in vielen Formen und Farben.

Im Gegensatz dazu: ein schockierendes Fenster zur Gegenwart

Auf der gegenüberliegenden Seite bot das Tal, das sich von meinen Füßen bis zum Horizont erstreckte, ein ganz anderes Panorama und eine ganz andere Geschichte. Die Waldhänge waren von einem Netz von Forststraßen durchzogen, die den Forstmaschinen und großen Lastwagen den Zugang bis zum Ende des Tals ermöglichten. An einigen Stellen durchbrachen die Straßen die Baumgrenze und setzten sich hoch oben auf den grasbewachsenen Hängen fort. Erosion und Erdrutsche wiesen auf Stellen hin, an denen unsachgemäße Straßenbautechniken schwere Schäden verursachten. Außerdem bildeten die von schweren Maschinen, die Holz für kommerzielle Zwecke abtransportierten, verursachten Straßen vertikale Verbindungen zwischen parallelen Straßen.

Außerdem konnte ich einen deutlichen Unterschied in der Struktur und Zusammensetzung der Baumreihe im Tal hinter und vor mir erkennen. Der erste Unterschied, der mir im Tal vor mir auffiel, war, dass die Baumgrenze mehrere hundert Meter niedriger war als im Tal, das ich gerade passierte. Ich wusste bereits, dass dies durch den Menschen in den vergangenen vier bis fünf Jahrhunderten als Folge der sogenannten traditionellen Nutzung der Bergwälder verursacht wurde. Diese traditionelle Nutzung bestand in der Abholzung der Baumgrenze, die wertvolles Holz produzierte und gleichzeitig Sommerweiden für die wachsende Zahl von Rindern und Pferden schuf. Mir fiel auch auf, dass die Baumgrenze sehr fragmentiert war. Was mich noch mehr überraschte, waren die fast vollständig fehlenden Bestände der Latschenkiefer. Diese Baumart ist in dieser Höhenlage von entscheidender Bedeutung, um Bodenerosion zu verhindern, den Wasserhaushalt auszugleichen und die Zahl der Lawinen im Winter deutlich zu reduzieren.

Können wir aus den Fehlern der Vergangenheit lernen?

Meine Erfahrungen während dieser Reise veranschaulichten die Geschichte nicht nur des Tatra-Gebirges. Sie war wie ein Symbol für die Ausbeutung der Wälder in ganz Europa, besonders in den Gebirgswäldern. Der Wald jenseits des Passes hat nicht nur in den letzten Jahrzehnten, sondern schon seit Jahrhunderten dramatisch gelitten. Ziemlich genau seit der Entwicklung der landwirtschaftlichen Praktiken und der dauerhaften Besiedlung durch den Menschen in Europa. Ich würde sagen, dass die aktuelle Herausforderung darin besteht, dass die Menschen die Tendenz haben, die Geschichte einfach zu vergessen oder zu ignorieren. Aber wir müssen verstehen und uns immer wieder daran erinnern, dass der menschliche Einfluss auf die Wälder seit früheren Jahrtausenden sehr drastisch war. Wir müssen die Lehren aus der Vergangenheit ziehen. Die Folgen der Ignoranz der Vergangenheit wirken sich auf unsere Zukunft aus. Diese Fallstudie im Tatra-Gebirge zeigte den Kontrast zwischen unbewirtschaftetem und intensiv bewirtschaftetem Wald in der Vergangenheit und Gegenwart und bot eine klarere Vision dessen, was durch die Wiederherstellung von Wäldern und die Annahme eines nachhaltigen, natürlichen Ansatzes möglich ist, von dem sowohl Menschen als auch der Wald langfristig profitieren.

Dieser Artikel wurde von Vlado Vancura, Forstwirtschaft und Wilderness Experte, auf Englisch verfasst und vom Projekt Team ins Deutsche übersetzt.

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Eine Reflexion über vergangene und gegenwärtige forstwirtschaftliche Praktiken im Tatra-Gebirge – Teil 1

Wälder sind essentiell für viele Ökosystemleistungen und Lebensraum für viele Arten. Außerdem absorbieren sie große Mengen an vom Menschen verursachten Kohlenstoffemissionen und sind daher besonders wichtig für die Mitigation des Klimawandels. Trotz der Bedeutung der Wälder nimmt der Abholzungsdruck in Europa kontinuierlich zu. Alarmierende Meldungen, dass die europäischen Wälder unter extremem Druck stehen, kommen aus verschiedensten Ecken Europas. Fast täglich bekommt man Berichte zu hören, dass irgendwo in Europa Wälder absterben oder abgeholzt werden. Der erste Auslöser, der dazu führt, ist meist ein großflächiger Windstoß, ein Feuer oder ausgiebiger Schneefall, der scheinbar gesunde Wälder gefährdet. Glücklicherweise verstehen aber immer mehr Menschen, dass die Wälder Europas unter extremem Druck stehen.

Die Wahrheit ist jedoch, dass die Wälder bereits seit mindestens vier bis fünf Jahrhunderten unter dem Einfluss des Menschen leiden. In einigen Teilen Europas, wie zum Beispiel im Mittelmeerraum, besteht dieser Druck sogar noch länger. Der Grund, warum der Mensch die Wälder systematisch an den Rand des Aussterbens treibt, liegt nicht nur darin, dass sie eine wertvolle Ressource, nämlich Holz, liefern, sondern ist auch seit jehermit der Geschichte des Menschen verbunden.

Eine persönliche Geschichte

Als ich jung war, betrachtete ich den Wald rund um meine Stadt als ein Stück wildes Land. Das änderte sich dramatisch, nachdem mein Urgroßvater, ein Förster, mir eine Geschichte erzählte. Er sagte mir, dass der Wald rund um meine Stadt früher viel wilder war und dass seit der Besiedlung der Gegend durch den Menschen Urwälder abgeholzt wurden, so dass nur in abgelegenen Ecken kleine Fragmente überlebt haben. Später lernte ich die wirkliche Bedeutung dieser Geschichten. Ich erfuhr am eigenen Leib, dass die Wälder rund um meine Stadt, in der Region, in der ganzen Slowakei und sogar in den Karpaten in den letzten Jahrhunderten stark ausgebeutet und beschädigt wurden.

Die Gründe dafür scheinen einfach zu sein: Holz dient dazu Häuser zu bauen und sie zu mit Holzkohle zu heizen, und die dadurch entstanden Flächen können genutzt werden um Gemüse anzubauen, Weiden für Nutztiere bereitzustellen, oder Mineralien abzubauen.

Fallstudie: grasen von Nutztieren in Wäldern hat negative Folgen

Weidetiere sind seit den Anfängen europäischer Siedlungen in den Bergen ein wesentlicher Bestandteil ihres Lebensunterhalts. Rinder, Pferde, Schafe und Ziegen streiften früher auf der Suche nach Nahrung frei umher, auch im Wald. 

Für Weidetiere sind Wälder eine reiche Nahrungsquelle. Interessanterweise erhöht sich das Nahrungsangebot in Wäldern durch bestimmte Waldbewirtschaftungsmethoden wie Durchforstung, Entfernung von Totholz und Holzernte erheblich. Durch das Entfernen von Bäumen und damit des Kronendachs kann mehr Licht den Waldboden erreichen. Diese neuen Bedingungen schaffen eine günstige Umgebung für Unterholzpflanzen wie Blumen und Sträucher, die eine gute Nahrungsquellen für Weidetiere darstellen. Nach langjähriger Forschung weiß man heute jedoch, dass die Beweidung im Wald negative Auswirkungen auf das Ökosystem hat.

Beweidung im Tatra-Nationalpark

Um die Auswirkungen der Beweidung auf die Wälder zu veranschaulichen, können wir einen Blick auf eine sehr interessante Fallstudie im Tatra-Nationalpark in der Slowakei werfen. Die Berge, die seit dem Zweiten Weltkrieg als Nationalpark geschützt sind, wurden über Jahrhunderte intensiv beweidet. Die ersten dokumentierten Anzeichen von Beweidung in diesem Gebiet stammen aus dem 16. Jahrhundert, aber erst im 18. Jahrhundert nahm der Druck auf den Wald enorm zu. 

Mit der Gründung mehrerer verstreuter Siedlungen rund um die Berge wurden auch Nutztierherden eingeführt und zunächst wahllos, später dann systematisch um die Dörfer herum getrieben. Aber allmählich, als der Waldum die Dörfer immer fragmentierter, abgeholzt und schließlich verbrannt wurde, beanspruchten die Herden zunehmend die Ausläufer und später die Hänge des zentralen Teils der Tatra berge. Schließlich streiften die Weidetiere frei in den Wäldern umher, die bereits durch Abholzung und Bergbau stark beeinträchtigt waren.

Der zweite Eingriff durch Beweidung in diesem Gebiet wurde von oben nach unten ausgeführt: von den Almwiesen bis hinunter zur Baumgrenze und tief in den Bergwald hinein. Vallachische Hirten besetzten mit ihren Herden Sommer für Sommer die alpine Zone und weideten zunächst die natürlichen Almwiesen oberhalb der Baumgrenze und später auch die vom Menschen geschaffenen Weiden intensiv ab. Darüber hinaus war es eine gängige Praxis die Baumgrenze aus Latschenkiefer und Fichten zu verbrennen und tausende Bäume zu fällen um ihre saisonalen Siedlungen, die entlang der Baumgrenze und in der Nähe der Wasserquelle lagen, zu bauen. 

Diese jahrhundertelangen Aktivitäten schädigten die Baumgrenze dramatisch. Im Durchschnitt sank die Baumgrenze um 150-200 m, an manchen Stellen sogar bis zu 300 m. Infolgedessen verschwanden die Zwergkiefern mit Fichtenwald in einigen Teilen vollständig, was zu einer Störung des Wasserhaushalts führte. Ohne Bäume, die den Boden schützen, erodierte das abfließende Wasser stark und beschädigte die Hänge, vor allem die steilen, und transportierte Tonnen von Erde und Steinen ins Tal. Eine weitere Folge der Waldrodung war die Bildung von Schneelawinen und die Zunahme von Überschwemmungen, die zu einer ernsthaften Bedrohung für die Täler wurden, in denen sich viele Siedlungen befanden. Die Menschen in der Region lernten und lernen auch heute noch schmerzhafte Lektionen über die Auswirkungen der unkontrollierten Beweidung. Obwohl 70 Jahre vergangen sind, seit die meisten Beweidungsaktivitäten im Tatra-Gebirge eingestellt wurden, sind die Folgen bis heute sichtbar.

Die Gründung des Tatra-Nationalparks

“Weidehaltung von Haustieren gehört nicht in den Wald”, war die grundlegende Forderung bei der Gründung des Tatra-Nationalparks. Ein engagiertes Team von Naturschützern (ein bedeutender Teil davon Förster) hat von Anfang an strikt darauf gepocht. In diesem Zusammenhang wurde das Landeigentum zu einer wesentlichen Angelegenheit der Parkvorbereitung. Auf beiden Seiten (Slowakei und Polen) des Tatragebirges wurde ein umfangreicher und geldintensiver Prozess zur Beseitigung der jahrhundertelangen häuslichen Beweidung eingeleitet.

Während einiger Jahrzehnte (zwischen den Weltkriegen) wurden Tausende und Abertausende von Hektar von den Regierungen aufgekauft und in die Verantwortung der staatlichen Forstwirtschaft übergeben. Obwohl der Zweite Weltkrieg diesen Prozess erheblich unterbrochen hat, hat die folgende kommunistische Revolution auf beiden Seiten der Grenze eine Dynamik geschaffen, als der grenzüberschreitende Park allmählich geschaffen wurde.

Nach der Verstaatlichung des Landes (1947) war der Landbesitz kein so heißes Thema mehr. Dennoch erhielten die Landbesitzer (lokale Gemeinden und Einzelpersonen) eine Entschädigung oder die Möglichkeit, das Land außerhalb der Parkgrenzen zu beweiden. Später setzte sich die Landverstaatlichung durch und die Entschädigung wurde eingestellt.

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Landverstaatlichung ein grundlegender erster Schritt war, der zur Schaffung von Nationalparks ohne künstliche Beweidung führte. In den folgenden Jahrzehnten wurde ein umfangreiches, in den gesamten Karpaten einzigartiges Waldbewirtschaftungsprojekt entwickelt und umgesetzt, um einen Wiederherstellungsprozess des Waldes durchzuführen. Besonderes Augenmerk wurde auf die Wiederherstellung der stark geschädigten Baumgrenze gelegt, wo jährlich Hunderte von Hektar wiederhergestellt wurden. Die Flächen wurden mit den einheimischen Baumarten wie Latschenkiefer, Zirbelkiefer, Fichte, aber auch mit Weide und Erle aufgeforstet, was die Erholung der Baumgrenze deutlich beschleunigte.

Allmählich begannen sich die in den vergangenen Jahrhunderten intensiv beweideten Flächen zu regenerieren und der Wald erlangte einen Teil seiner natürlichen Struktur zurück. Dank dieses Projekts wurde der Park zu einem Lernraum im Freien, nicht nur für Förster, sondern auch für die breite Öffentlichkeit, darunter auch Ausländer. Die Gebiete, die im vorigen Jahrhundert nicht unter der Weidenutzung litten, weil sie entweder zu abgelegen waren oder in steilen Hängen lagen, sind nun Gegenstand intensiver Forschung und Überwachung. Auch heute noch bieten diese Gebiete hervorragende Anschauungsmöglichkeiten, da sie zeigen, wie der Wald ohne äußere Einflüsse aussehen würde. So sind sie zu einem grundlegenden Element der Wiederherstellung von Bergwäldern in der gesamten Slowakei und den Karpaten geworden.

Dieser Artikel wurde von Vlado Vancura, Forstwirtschaft und Wilderness Experte, auf Englisch verfasst und vom Projekt Team ins Deutsche übersetzt.

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Kann eine DNA Analyse der Dürreresistenz in Buchen ihre Zukunft sichern?

Welche Bäume überstehen trockene Sommer und welche tragen starke Schäden davon? Für Buchen kann man diese Frage nun per Genomanalyse beantworten. Ein ForscherInnen-Team vom LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik und dem SenckenbergBiodiversität und Klima Forschungszentrum in Frankfurt hat geschädigte und gesunde Buchen in Hessen untersucht und Bereiche in deren Erbgut identifiziert, die für Dürreresistenz zuständig sind.

Zum Nachlesen: Nature.org

Einzelne Buchen sind klimaresistenter als andere

Die Rotbuche (Fagus sylvatica) ist in Europa weit verbreitet und der häufigste Laubbaum in den Wäldern Deutschlands. In Hessen wachsen die sommergrünen Bäume auf rund einem Drittel der Landeswaldfläche. Buchen kommen mit unterschiedlichen Standortbedingungen zurecht und spielen eine immer bedeutendere Rolle in der naturnahen Waldwirtschaft.

Anhand von DNA-Abschnitte lässt sich nun feststellen ob jeder einzelne Baum längere Trockenperioden übersteht oder nicht. Dank gezielter DNA-Tests könnten daher widerstandsfähige Exemplare für die Forstwirtschaft ausgewählt und Buchenwälder für den Klimawandel fit gemacht werden. Die Studie hat das Fachmagazin „eLife“ veröffentlicht.

Wer im Sommer durch die Wälder streift, sieht immer wieder braune ausgedörrte Blätter und abgestorbene Äste. Die langen Trockenperioden 2018 und 2019 haben Spuren hinterlassen. Aber wieso stehen oft völlig gesunde Bäume unmittelbar neben stark geschädigten Bäumen? 

Die Antwort liegt im Erbgut der Bäume, wie die Studie an rund 200 Baumpaaren zeigt. Das Genom der Rotbuchen, also deren gesamte Erbinformation in Form von DNA, umfasst 542 Millionen Bausteine. Einige dieser Bausteine sind bei allen Rotbuchen identisch. Andere unterscheiden sich jedoch von Baum zu Baum. Genau das ist bei gesunden und stark geschädigten Buchen der Fall, wie die Genomanalyse zeigt: Rund 100 DNA-Abschnitte sind demnach für die Dürreresistenz entscheidend. Bei gesunden Bäumen enthalten diese Abschnitte unter anderem Gene, die aus anderen Pflanzen bekannt sind und eine Reaktion auf Trockenstress ermöglichen.

DNA Analyse für Klimaresistenz

Die individuelle genetische Ausstattung bestimmt also darüber, ob eine Buche längere Trockenperioden gut übersteht. Wenn also einzelne Bäume eingeordnet werden können, können Forstleute gezielt auf besonders widerstandsfähige Bäume setzen, etwa zur Aufforstung. So sind Buchenwälder nachhaltig für den Klimawandel gerüstet. 

Damit das gelingt, haben die Forscherinnen und Forscher basierend auf ihren Ergebnissen einen Test entwickelt, mit dem man Dürreresistenz im Erbgut von Buchen – auch bereits in deren Samen – nachweisen kann. Die Erfolgsquote lag bei 99 Prozent. Beteiligt sind an der Studie auch Forscherinnen und Forscher der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, der TU Darmstadt und der Hochschule Geisenheim University.

Nun geht es darum, die Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen, zum Beispiel bei der Überwachung natürlicher Wälder oder der selektiven Abholzung und Wiederaufforstung. So können die DNA Analysen dazu beitragen, ein einzigartiges Ökosystem zu erhalten, das den Klimawandel bereits zu spüren bekommt.

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Waldbrände stärken die Widerstandsfähigkeit des Waldes

Feuer wird normalerweise als eine Störung betrachtet. Diese Stellungnahme gilt allerdings nicht pauschal. Obwohl Waldbrände Herausforderungen darstellen, können sie auch die Wirkung haben, die Widerstandsfähigkeit des gesamten Waldes zu stärken. Das zeigte eine Studie der Oregon State University in den USA.

Wälder mit und ohne Straßen

Diese Studie fand heraus, dass Wälder ohne Straßen öfter und heftiger als Wälder mit Straßen brennen. Aber trotz des intensiveren Brandes hat dies zur Folge, dass der Wald sich nach einem Waldbrand schneller und besser regenerieren kann.

In der Vergangenheit haben die Bundesgesetzte der USA das Holzschneiden vorgeschrieben. Am Anfang des 19. Jahrhunderts gab es in den USA einen Brandmangel wegen politischen Maßnahmen und einer Kombination von Weiden, Holzeinschlag und Landnutzungsänderungen. Das hat es erlaubt, dass schattentolerante und brandtolerante Arten sich in älteren Wäldern ansiedeln, was zu großen strukturellen Änderung in führte. Folglich hat die Widerstandsfähigkeit dieser Wälder im letzten Jahrhundert abgenommen, was die Entfachung von Bränden förderte.

Seit 1964 befindet sich die Naturpolitik der USA im Umbruch. In diesem Jahr ist der Wilderness Act in Kraft getreten, welcher die Ausweisung von Gebieten, wo natürliche Bedingungen erhalten bleiben, fördert. Gebiete, die Wälder ohne Straßen beinhalten, wurden quasi ein inoffizieller Teil des Wilderness-Systems da sie schwer zugänglich sind und und nach 2001 hat die Regierung den Bau von Straßen und den Holzeinschlag in diesen Gebieten verboten. Dadurch ist die Trennung zwischen Wäldern ohne und mit Straßen entstanden.

Verbindungen zwischen Straßen und Managementsystem

Die Unterteilung von Wäldern in die Kategorien mit und ohne Straßen entspricht auch dem Managementsystem eines Waldes. In Waldlandschaften, die von Straßen geprägt werden, kommt ein aktives Management zum Einsatz, weil es dort schon eine lange Geschichte von menschlicher Nutzung gab wie z.B. Erholungsnutzung und Holzgewinn.

Im Gegensatz dazu stehen Waldstücke ohne Straßen, die nicht für den Zweck von Holzeinschlag genutzt werden und in denen keine menschengesteuerten Entwicklungen stattfinden. Hier gibt es kein aktives Managementsystem und nachdem ein Brand entfacht wird, brennt dieser innerhalb dieses Gebiets meist weiter. Aber hier muss auch oft die Entscheidung getroffen werden, ob Waldbränden gelöscht werden müssen, da sie keine unmittelbare Lebensgefahr darstellen – anders als in Gebieten, die von Menschen genutzt werden. Indirekt können Leben von Menschen jedoch sehr wohl betroffen sein: unkontrollierte Waldbrände können das Grundwasser verschmutzen und dadurch der Wasserversorgung schaden. Zusätzlich ist es auch wichtig, dass die Risiken durch Waldbrände für Lebensräume und menschliche Infrastrukturen verringert werden, um so die Balance zwischen den Verjüngungseffekt und den Nachteilen eines Brandes zu halten.

Nichtsdestotrotz hängt der Schweregrad eines Brandes eigentlich von Unterschieden in der Umwelt und nicht von der Landnutzung ab. Bäume, die auf höheren Lagen mit größeren Mengen von Niederschlag und niedrigeren Temperaturen wachsen, sind im Allgemeinen weniger brandtolerant als die Arten, die sich in trockeneren und tieferen Bereichen befinden. In der Regel gilt je höher man geht, desto abgelegener ist der Ort und deshalb sind Straßen dort seltner zu finden. Deshalb ist das auch ein Grund, warum Waldbrände häufiger in passiv gemanagten Wälder vorkommen.

Wirkungen von Bränden auf den Wald

Waldbrände sind ein wichtiger Störungsprozess, der die Struktur, die Zusammensetzung und die Funktion von Wäldern prägt. Es gibt Hinweise darauf, dass deren größeres Ausmaß in straßenfreien Bereichen das Potenzial hat, diese Landschaften widerstandsfähiger im Angesicht des Klimawandels zu machen.

Die langfristigen Folgen von Brandbekämpfung sind außerdem zunehmende Walddichte und Artenverschiebungen. Infolgedessen verliert so ein Wald seine Widerstandsfähigkeit gegen Brände, Dürre und Insekten. Anderseits haben Studien vor kurzem gezeigt, dass Wälder in Wilderness und anderen straßenfreien Orten, die mehrere Waldbrände erlebt haben, unwahrscheinlicher einen kompletten Austausch des Baumbestandes erleben; und es ist einfacher für sie wieder die Struktur und Zusammensetzung wie vor dem Brand zu erreichen.

Besser mit dem Klimawandel umgehen

In Oregon haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch kürzlich bewiesen, dass ein lichter Baumstand weniger von Waldbränden betroffen ist. Ökologen habe in dem letzten Jahrzehnt daran gearbeitet, junge Bäume und Bestände von Gelb-Kiefern (Pinus ponderosa) auszudünnen. Um dieses Ziel zu erreichen, haben sie auch das Gestrüpp ausgedünnt und periodisch Waldbrände zugelassen. Folglich haben sich Waldbrände langsamer ausgedehnt und den Wald weniger geschädigt. Im Zusammenhang mit dem Klimawandel hat sich gezeigt, dass traditionelle Managementansätze wie Brandunterdrückung die schon schlechte Situation noch verschlechtert haben. Diese Ergebnisse aus Oregon zeigen also, dass es Alternativen gibt, um besser mit dem Klimawandel und der Zukunft des Waldes umzugehen.

Momentan befinden wir uns in der Mitte dieser großen Herausforderung, die der Klimawandel an uns stellt. Deswegen ist es wichtig, besser nachzuvollziehen, wie sich passives und aktives Management sich in Bezug auf Brandmuster unterschieden. Dies könnte Försterinnen und Förster dabei helfen mit zukünftigen Walbränden umzugehen, besonders wenn das Ziel die Wiederherstellung des natürlichen Brandregimes ist.

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Daseinsvorsorge durch vitale Ökosysteme am Beispiel Wienerwald

Frei nach dem Motto Ökologie ist die „neue“ Ökonomie ging es in diesem Webinar um die Ökosystemdienstleistungen die der Wald uns liefert und wie diese nachhaltig gemanagt werden können. Hannes Berger, Leitung der Forstverwaltung Wienerwald, zeigte uns am Beispiel des Wienerwaldes eine Form des Managements die als ein Muster für Betriebe fungieren könnte, denn neben der Ökosystemleistung Holzproduktion haben auch andere Ökosystemleistungen (wie z.B. Kohlenstoffspeicherung) einen attraktiven Markt oder werden diesen in naher Zukunft zumindest bekommen.

Zur Person

Hannes Berger (vormals Lutterschmied) studierte 3 Jahre Mikrobiologie an der Universität Graz, bevor es ihn zum Forstwirtschaftsstudium nach Wien zog. Der berufliche Einstieg führte ihn über die Forsteinrichtung und der Leitung von diversen forstlichen Ökosystemmonitorings zur Leitung der Forstverwaltung Wienerwald des Land und Forstwirtschaftsbetriebs der Stadt Wien. Seit 10 Jahren ist er bemüht Schritt für Schritt ein umfassendes ökologisches Waldmanagement im Betrieb zu etablieren, denn das Management urbaner Wälder erfordert einen anderen Blickwinkel und somit ein differenzierteres Handeln, abseits des forstlichen Mainstreams.

Die Auswirkungen von natürlicher und vom Menschen gelenkter Beweidung auf Waldökosysteme

Das Wildtiere im Wald grasen ist ja nicht neues. Eine zu hohe Wilddichte kann dabei auch negative Folgen auf, zum Beispiel, die Waldverjüngung haben. Denn bei zu vielen Tieren werden zu viele junge Bäume und Triebe gefressen. Wenn dazu aber noch grasende Weidetiere wie Schafe oder Ziegen kommen, dann ist der Druck auf den Wald und dessen Biodiversität groß.

In diesem Interview mit Vlado Vancura, Forst und Wilderness Experte, erfahren wir welche Arten von Beweidung es im Wald gibt, welche positiven und negativen Einflüsse sie haben, ob und wie sich der Wald von zu intensiver Beweidung erholen kann. Vlado gibt uns auch spannende Beispiele aus den Karpaten, wo es in der Vergangenheit durch zu viel Beweidung zu Biodiversitätsverlust kam, das Ökosystem sich aber in den letzten Jahrzehnten wieder erholen konnte.

Das Interview ist auf Englisch, aber deutsche Untertitel sind durch einen Klick auf CC rechts unten verfügbar.

Waldland Österreich

Im europäischen Vergleich liegt Österreich im oberen Bereich was die Waldfläche angeht. Insgesamt 47,6 % der Landesfläche sind mit Wald bedeckt, seine waldreichen Nachbarländer Schweiz und Deutschland sind auch weit oben. Aufgrund der großen Waldfläche hat der Forstsektor auch eine große Bedeutung in Österreich. Über 300.000 Menschen sind dort beschäftigt und bringen jährlich einen Produktionswert von ungefähr zwölf Milliarden Euro ein. Das sind ca. 4 % des Bruttoinlandproduktes. Davon gehen um die 70 % der Produkte und Produktionsleistungen in den Export.

Im Vergleich ist in Deutschland 32 % der Landesfläche mit Wald bedeckt und ca. 1,1 Millionen in der Forstwirtschaft beschäftigt. 2018 wurden in Deutschland 64,55 Millionen Kubikmeter Holz eingeschlagen, 20,7 % mehr als im Vorjahr. Von den eingeschlagenen Holzmengen 2018 sind rund 5,4 % exportiert worden, was einer Menge von 3,5 Millionen Kubikmeter Rundholz entspricht. Andererseits wurden 7,1 Millionen Kubikmeter Rundholz nach Deutschland importiert.

Die österreichischen Wälder wachsen

Die aktuelle österreichische Waldinventur (ÖWI) hat ergeben, dass in Österreichs Ertragswäldern der Holzvorrat bei 1173 Millionen Vorratsfestmetern (Vfm) liegt. Davon sind 29,7 Millionen Vfm stehendes Totholz. Seit der ersten Inventur, die von 1961 bis 1970 stattfand, sind die Vorräte beständig gestiegen. Damals waren 780 Millionen Vfm vorhanden, bis zu der momentanen ÖWI sind die Vorräte also um 50% gestiegen. In den Schutzwäldern sind zudem noch zusätzliche 31 Millionen Vfm vorhanden. Weiterhin haben sich die Durchmesserklassen in den Wäldern verschoben, und zwar hin zu den oberen Klassen. Auch haben sich die Baumartenzusammensetzungen weiter von Nadelbeständen hin zu Laubbeständen verschoben. Trotzdem ist die Fichte immer noch die dominierende Hauptbaumart, da Bäume eine lange Wuchsperiode haben und langsam wachsen, wodurch der Waldumbau Jahrhunderte dauert. Die Vorratsaufstockung in Österreich ist vor allem im Kleinwald passiert. Weiterhin werden Zuwachs und Nutzung immer weiter angenähert. Die Nutzung von 2007 bis 2018, also dem Zeitraum zwischen zwei Waldinventuren, im Ertragswald beläuft sich auf 26,2 Millionen Vfm pro Jahr. Der Zuwachs in der gleichen Periode liegt bei 29,7 Millionen Vfm pro Jahr.

Zwar werden an diesen Zahlen deutlich, dass Österreich eine gute Nutzungs- und Vorratsbilanz hat, allerdings wird das meiste Holz außer Landes exportiert und gleichzeitig Holz importiert. Hier sollte Österreich zu versuchen Stoffkreisläufe klein zu halten und im Land produziertes Holz zu verwenden. Der Import von kann insofern kritisiert werden, dass ja eigentlich genügend Holz vorhanden ist, was stattdessen exportiert wird. Auch kann bei Importen nicht genau gesagt werden, aus welchen Quellen diese stammen und ob sie so nachhaltig produziert wurden wie in Österreich. Dies gilt zum Beispiel für aus osteuropäischen Ländern. Allerdings sollte der Fokus nicht nur auf der Holzproduktion, sondern auf dem gesamten Ökosystem liegen. Deswegen können Interessenskonflikte entstehen, da wir auf der einen Seite Energie und Baustoff benötigen, auf der anderen Seite resiliente Waldökosysteme. Und Holz als vielfältig verwendbarer Rohstoff ist eine wichtige biologische und klimafreundlichere Alternative zu anderen Stoffen. 

Waldmanagement in den Karpaten

Die Karpaten beheimaten einen besonders wichtigen Teil der europäischen Wälder. Vlado Vancura, ein Experte zu den Themen Forst und Wildnis, berichtete uns in diesem Webinar von seinen jahrzehntelangen Erfahrungen im Waldmanagement in den slowaksichen Karpaten. Die Geschichte der slowakischen Wälder ist bewegt und gerpägt von vielen Veränderungen in Nutzung und Besitz. Heutzutage beheimaten die Karpaten einige der größten verbliebenen Urwälder Europas so wie gesunde Populationen von Wildtieren, die im Alpenraum vor langer Zeit vom Menschen verdrängt wurden. Aber auch diese Naturschätze geraten durch steigende Nachfrage nach Holz unter Druck und die Klimakrise mit der weit verbreiteten Borkenkäferplage tut ihr übriges.

Schaut euch die Aufzeichnung des zweisprachigen Webinars, welches unter anderem folgende Fragen beantwortet: Warum sind die Karpaten so einzigartig? Wie hat die Geschichte ihr Management geprägt? Welche Erfahrungen wurden mit aktivem und passivem Waldmanagement gemacht und warum ist gerade hier ein gut durchdachtes Waldmanagement so entscheidend?

Europäische Buchenwälder, UNESCO Weltnaturerbe und BEECH POWER als Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität im Wald

Das Webinar, gehalten von Marcus Waldherr, informierte über die Bedeutung der Buchenwälder für den Waldnaturschutz in Europa. Ein besonderes Augenmerk legte er dabei auf die transnationale serielle UNESCO Weltnaturerbestätte „Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas“. Anhand des aktuell von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde und mehreren europäischen Partnern umgesetzten Interreg Central Europe Projektes „BEECH POWER – empowering and catalyzing an ecosystem-based sustainable development“, das Marcus leitet, zeigte er deren Potenzial für den Beitrag zum Schutz der Biodiversität im Wald und zur regionalen nachhaltigen Entwicklung auf.

BEECH POWER fokussiert sich vor allem auf die Managementunterstützung der Weltnaturerbestätten in Deutschland, Österreich, der Slowakei, Slowenien und Kroatien, wobei die Biodiversität dadurch sekundär gefördert wird, denn die Wirkung des transnationalen UNESCO Weltnaturerbes geht natürlich über die Grenzen der Teilgebiete hinaus und stellt großes Potenzial auch für angrenzende Gebiet dar.

Schaut euch hier die Aufzeichnung des wirklich spannenden Webinars an oder ladet euch die Präsentation herunter:

Holzernte früher und heute

Nicht nur die Landwirtschaft erlebt so viele Branchen eine Technisierung, auch in der Forstbranche kam über die Jahre mehr und mehr Technik hinzu. Wurden früher Bäume mit Hand gefällt und mit Pferden, Schlitten oder Flößen wegtransportiert, kommen heute mechanisierte Vollerntemaschinen zum Einsatz. Dabei steht der Wald meistens als Holz-Ressource für den Menschen im Vordergrund. Durch seine diversen Vorteile ist er jedoch für den Menschen über tausende von Jahren eine der wichtigsten Quelle im täglichen Leben geblieben. 

Forstgeschichte

Vor der Industrialisierung und dem Aufkommen der fossilen Brennstoffe wurde ausschließlich Holz als Wärme- und Energiequelle sowie für Schwerindustrie, Salinen und Weiterverarbeitung von Erzen verwendet. Dadurch entwickelte sich die Forstwirtschaft von einer Selbstversorgung hin zu einer vermehrt großerwerblichen Nutzung. Durch die immer stärker auftretende Holzverknappung wurde angefangen über die Nachhaltigkeit und Langfristigkeit der Wälder nachzudenken und eine geregelte Forstwirtschaft aufzubauen. Unter anderem daraus resultierte am dritten Dezember 1852 das Forstgesetz, welches bis 1975 Gültigkeit hatte. Seitdem gilt ein neues Forstgesetz mit dem obersten Ziel die Waldfläche in Österreich zu erhalten. Auch durch immer häufiger auftretende Schäden in der Natur durch den Menschen und daraus resultierende Katastrophen wurde der Naturschutz- und Schutzwald-Gedanke wichtiger zur Stabilisierung und Pufferung der auftretenden Schäden.

Um früher das Holz zu den Werken zu bringen, hatten Manneskraft und Schlitten eine große Bedeutung, vor allem in den Bergen. Deshalb war Schnee auch ein wichtiger Faktor für den Transport. Vor allem in früheren Zeiten wurden Handsägen zum Fällen verwendet, bevor die Motorsäge eingeführt wurde. In den Gegenden mit Flüssen war es auch üblich die Stämme zu Flößen zusammenzubinden und diese auf dem Wasser zum Sägewerk zu transportieren. Auch wurden in steilen Gegenden eine Art Rutschen angelegt, in denen die Stämme ins Tal befördert wurden. Ab den 1990er Jahren wurde der Harvester, eine Vollerntemaschine, immer populärer und löste zum größten Teil die Arbeit mit der Motorsäge ab. Dadurch wurde die Arbeit immer effektiver, früher schaffte ein Waldarbeiter ungefähr ein bis drei Festmeter Holz in der Stunde, der Harvester schafft heute um die 20 Festmeter.

Aufkommen der modernen Technologie

Noch 1955 wurde der Großteil der Holzernte manuell mit der Hand- oder Zugsäge erledigt und ca. die Hälfte mit Pferden oder Ochsen abtransportiert, die andere Hälfte mit landwirtschaftlichen Maschinen. Rückegassen und andere Wege waren damals noch nicht vorhanden. Jedoch schon zehn Jahre später rückte die Arbeit mit Pferden immer weiter in den Hintergrund, die Bäume wurden nun mit der Kettensäge gefällt und die Nutzung von landwirtschaftlichen Schleppern stieg an. Weitere zehn Jahre später wurden erste Spezialforstschlepper in Skandinavien und Kanada entwickelt, die schnell Verwendung im Forst fanden. Nochmal zehn Jahre später sind Pferde kaum im Forstgeschehen zu finden, das Holz wird nur noch mit Schleppern gerückt. Zu dieser Zeit sind die ersten Harvester entwickelt worden, allerdings noch nicht wirklich im Einsatz. Doch das ändert sich. 1995 werden Harvester vermehrt eingesetzt und Pferde sind längst aus den Wäldern verdrängt worden. Auch in den 2000ern bleibt das Bild gleich. 

Vor einigen Jahren allerdings ist das Rücken mit Pferden wieder populärer geworden, da so der Boden geschont wird und eine ökologischere Waldbewirtschaftung möglich ist. In schwer zugänglichen und feuchten Gegenden hat sich das Rücken mit Pferden wieder mehr durchgesetzt. Pferde gelangen an solche Orte besser und einfacher als Harvester und Forwarder, da die Pferde wendiger, leichter und flexibler sind. 

Waldbewirtschaftung mit Pferd 

Das Haupteinsatzgebiet für Rückepferde sind meistens schwache und mittelstarke Bestände, bei denen die Pferde noch gut zurechtkommen, besser als im Starkholzbereich. Im Gegensatz zu Maschinen sind Pferde allerdings nicht so effektiv und kosten auf den Festmeter fünf Euro mehr als ein Harvester. Rechnen kann sich das allerdings über den positiven Effekt auf den Wald, Boden und die Umwelt. Außerdem können die Rückegassen von den üblichen 20 Metern auf 40 Meter erweitert werden, was wiederum neu gewonnene Fläche für den Wald bedeutet. Und durch weniger Kosten aus Bestands- und Bodenschäden kann sich im Endeffekt der Einsatz von Rückepferden lohnen. Ganz ohne Maschinen geht es in der modernen Forstwirtschaft allerdings nicht. 

Die Arbeitsbeziehung zwischen Pferd und Mensch hat eine lange Tradition und Menschen bauten auf die Pferde nicht nur als Transportmittel, sondern auch in der Land- und Forstwirtschaft. Als williges Arbeitstier ist das Rückepferd eine gute Alternative zum Einsatz von Forstmaschinen. Vor allem Bodenschäden werden geringgehalten und junge Pflanzen geschont.

Eingesetzt werden vor allem Kaltblüter, wie zum Beispiel das Schleswiger Kaltblut, es können aber auch schwere Warmblüter oder Kreuzungen verwendet werden. Als Eigenschaften sollten die Pferde ein ruhiges Wesen haben, gute Nerven und Geschick mitbringen, zuverlässig, lernfähig und anpassungsfähig sein. Wichtige körperliche Eigenschaften sind ein gutes Körpergewicht von mindestens 700 kg. Zu leichte Pferde springen häufig ein oder ziehen zu hastig, was zu einer schnelleren Ermüdung führt. Bei zu hohen Gewichten ist allerdings die Wendigkeit der Pferde eingeschränkt. Des Weiteren sollten die Pferde eine ausgeprägte Muskulatur besitzen. Starke Gelenke sind eine weitere wichtige Eigenschaft. Dazu sollten die Pferde eine breite und tiefe Brust besitzen und einen breiten, kräftigen Rücken.

Rückepferde sollten nicht allzu lange durchgängig arbeiten. Bis zu vier Stunden pro Tag kann ein Pferd am Stück arbeiten, sollte dabei aber nicht mehr als 20 % seines eigenen Körpergewichts auf Dauer ziehen. Meistens werden die Pferde zum Vorrücken verwendet. Das bedeutet, dass die Pferde zwischen zwei Rückegassen die Holzstämme meistens zu einem Weg vorrücken, wo sie dann von einer Maschine abtransportiert werden.

Waldbewirtschaftung mit Maschinen 

Die eigentlich überall am weitesten verbreitete Methode ist hingegen die Holzernte mit vollautomatischen Maschinen. Dazu werden im Normalfall zwei verschiedene Fahrzeuge verwendet: der Harvester und der Forwarder. Harvester sind große Traktoren mit einem Kran, an dem ein Arbeitskopf angebracht ist, der in einem Arbeitsschritt den Baum fällt, entastet, in Stücke schneidet und gegebenenfalls auch entrindet. Das bedeutet der Harvester fährt auf einige Meter an den zu fällenden Baum heran, fährt dann den Kran aus und greift den Baum. Nachdem der Harvester seine Arbeit getan hat, bleiben entastete und auf die richtige Länge zugeschnittene Stämme übrig, die auf dem Waldboden abgelegt werden. An diesem Punkt kommt die zweite Maschine zum Einsatz. Forwarder sind letztlich LKWs, die speziell für den Transport von Stämmen innerhalb des Waldes ausgerüstet sind. Sie haben große Räder oder Laufketten, die dafür gemacht sind, auch in tiefem und feuchtem Waldboden voranzukommen. Zudem haben sie einen Greifarm, mit dem die zurechtgeschnittenen Stämme auf die Ladefläche gehoben werden. Um eine effektive Arbeit zu ermöglichen, können Forwarder viele große Stämme und mehrere Tonnen Holz auf einmal transportieren, wodurch sie voll beladen wiederum sehr schwer sind. Das belastet den Waldboden, auf dem sie fahren, enorm. 

Neben seiner Kosteneffizienz hat der Einsatz von Harvestern und Forwardern noch einen zweiten großen Vorteil, die erhöhte Sicherheit der Forstarbeiter. Beim Einsatz von Rückepferden müssen die Bäume per Hand gefällt werden, was trotz aller Sicherheitsvorkehrungen Gefahren für die Arbeiter birgt. Außerdem muss das Rücken mit Pferden geübt sein, damit dieses gefahrlos ablaufen kann. Der Faktor Mensch birgt hier nicht nur Gefahren für die Arbeiter selbst, sondern auch für den restlichen Bestand. Manuelles Fällen und Rücken führt immer wieder dazu, dass auch stehende Bäume beschädigt werden. Diesen Vorteilen steht vor allem den Schaden gegenüber, den diese tonnenschweren Fahrzeuge dem Waldboden zufügen.

Pferd oder Maschine?

Daher ist es unwahrscheinlich, dass Rückepferde Harvester und Forwarder aufs Neue komplett verdrängen werden. Allerdings sind Rückepferde gerade in Wäldern mit empfindlichen Böden eine echte Alternative. Dies gilt besonders in Moor- und Auenwäldern, die konstant nasse Böden haben, in denen sich die Räder oder Ketten der Fahrzeuge tief eingraben. So zerstören sie eine vielfältige Bodenflora und- fauna, die essenziell für einen intakten Wald ist. In anderen Szenarien, z.B. an Steilhängen, auf sandigen und somit druckresistenten Böden und in Beständen mit sehr großen Stämmen, die zu schwer für Pferde sind, sind Rückepferde allerdings nicht geeignet. 

Unabhängig von der Wahl der geeigneten Fäll- und Rückemethode muss jedoch die Bodenschonung Priorität bei der Holzernte haben. Trotz steigenden Bewusstseins wird immer noch laufend unterschätzt, wie elementar ein intakter Boden ist, um die Ökosystemdienstleistungen und den Holzertrag unserer Wälder aufrecht zu erhalten. Die Rückkehr zu alten, schonenderen Arbeitsweisen ist eine Möglichkeit dieses Ziel zu erreichen. Da Harvester und Forwarder jedoch nicht so schnell aus unseren Wäldern verschwinden werden, muss jedoch auch bei ihrem Einsatz darauf geachtet werden, möglichst schonend vorzugehen. Da bedeutet unnötige Befahrung zu vermeiden, möglichst wenige Rückegassen anzulegen und zu ernten, wenn die Böden trocken sind.