Der Wald der Zukunft

Der Klimawandel ist kein neues Phänomen. Trotzdem ist er dringender denn je. In Zentraleuropa jagt seit 2018 ein Hitze- und Dürrerekord den nächsten. Darunter leiden besonders unsere Wälder. Besonders die gepflanzten uniformen Kiefer- und Fichtenmonokulturen auf oft ungeeigneten Standorten haben dem nichts entgegenzusetzen. Diese wurden seit dem zweiten Weltkrieg gepflanzt, weil sie schnellen Ertrag versprechen und einfach zu bewirtschaften sind. Im Angesicht der Klimakrise ist jedoch klar, dass diese Monokulturen kein zukunftsträchtiges Modell sind. Aber auch natürliche Wälder können den Wetterextremen oft nicht mehr standhalten. Die anhaltende Dürre wird auch naturnahen Buchenwäldern gefährlich, die eigentlich resilienter gegenüber Trockenheit sind. Experten sind sich einig, dass die Hitze- und Dürrewellen zwar der Auslöser für das Waldsterben sind, die eigentliche Ursache für flächendeckende Brände, Krankheiten und Schädlingsbefall aber die kurzsichtige Forstwirtschaft der letzten Jahrzehnte ist.

Schneller Profit oder Resilienz?

Die Krux sind oft vielfältige Interessen, die mit der Forstwirtschaft verbunden sind. Für viele private Waldbesitzer und öffentliche Forstbetriebe ist Profitabilität immer noch die oberste Maxime. Sie befinden sich in Abhängigkeit von einem System, das Wald als wirtschaftliches Vermögen ansieht und auf möglichst viel Ertrag mit möglichst billig produzierten Holz ausgerichtet ist. Naturschützer hingegen fordern, die ökologische Bedeutung des Waldes in den Mittelpunkt zu stellen. Der Wald ist eine der wichtigsten Komponenten im Kampf gegen die Klimakrise und erfüllt eine Vielfalt an ökologischen Funktionen. Als Antwort auf die Kimakrise fordern viele jedoch auch Holz vermehrt als Baustoff einzusetzen, da es im Gegensatz zu vielen anderen Baustoffen in der Produktion Kohlendioxid bindet statt ausstößt.

All dies zeigt, dass der Wald eine Vielzahl von Ökosystemdienstleistungen bereitstellt, aber die Menschheit noch mehr von ihm fordert. Die Frage ist also, wie wir all dies unter einen Hut bringen können: Ein Wald, der der Klimakrise standhalten kann, gleichzeitig seine ökologischen Funktionen und Ökosystemdienstleistungen wie die Wasserversorgung und Temperaturregulation aufrechterhält und dazu noch Holz als nachhaltiges Bau- und Energiematerial liefert.

Der Natur ihren Lauf lassen…

Viele Experten betonen als oberste Maxime den passiven Waldumbau hin zu einem natürlich gewachsenen Mischwald. Dieser sollte eine heterogene Arten- und Altersvielfalt aufweisen. Die Überlegung dahinter ist, dass natürlich gewachsene, heterogene Waldgemeinschaften am besten an den jeweiligen Standort angepasst sind und resilient gegenüber sich verändernden Umweltbedingungen sind. Der Weg zu einem naturnahen Mischwald ist relativ einfach. Hier gilt weniger ist mehr. Auf Schadflächen muss eine natürliche Sukzession erlaubt werden. Das bedeutet, dass diese nicht geräumt und wieder bepflanzt werden, sondern Bäume ungestört aus eingetragenen Samen wachsen können. In intakten Wäldern muss systematischer Kahlschlag ausgeschlossen werden und Holzeinschlag muss darauf ausgerichtet sein, Voraussetzungen für die natürliche Regeneration verschiedener heimischer Arten zu schaffen.

Nebst dem Waldbau ist auch das Wildtiermanagement ein entscheidender Faktor, um einen gesunden, naturnahen Wald zu kreieren. Die unnatürlich hohe Dichte and Schalen- und Schwarzwild beschränkt vielerorts die natürliche Regeneration durch übermäßigen Verbiss. Außerdem sollte mehr Totholz im Wald zurückgelassen werden, da dieses Wasser bindet, eine gesunde Mikrofauna fördert und zu niedrigeren Temperaturen im Waldinnern beiträgt. Insgesamt sollte bei der Bewirtschaftung von Wäldern der Horizont erweitert werden. Die Gewinne durch Holzverkauf dürfen nicht im alleinigen Fokus stehen. Eine nachhaltige Bewirtschaftung muss alle Funktionen des Waldes für Mensch und Natur fördern. Dabei stechen besonders Speicherung von Kohlendioxid, Wasserspeicherung sowie -versorgung, Kühlungseffekte und der Schutz der Böden heraus.

… oder aktiv eingreifen

Während sich die Experten bei vielen Forderungen einig sind, gibt es jedoch auch ein Lager, dass einen aktiveren Einsatz zum Waldumbau fordert. Sie wollen aktiv Bäume aus wärmeren Regionen wie Südeuropa, Zentralasien und Amerika anpflanzen, die besser an Hitze und Dürre angepasst sind. Seit einigen Jahren werden Experimente durchgeführt, wie diese Arten in Zentraleuropa gedeihen und welche Auswirkungen sie auf unsere Ökosysteme haben könnten. Diese Arten könnten systematisch auf Schadflächen angepflanzt werden, um schnell einen klimaresilienten Wald zu schaffen. 

Egal welchen von beiden Ansätzen man wählt, Grundvoraussetzung für einen zukunftssicheren Wald ist es, seine Bedeutung anzuerkennen. Dazu zählt Forstämter mit genug finanziellen Mitteln, Personal und zukunftsorientierten Aus- sowie Weiterbildungen auszustatten, genug Geld für Forschung bereit zu stellen und Wälder systematisch zu überwachen. Auch die Holzindustrie muss ihren Beitrag dazu leisten, da Holz keine unendliche Ressource ist, sondern ein kostbares und begrenztes Gut. Daher muss der Einsatz von Holz effektiv stattfinden und Holzpreise hoch genug sein, um eine naturnahe Waldbewirtschaftung rentabel zu machen. Das ermöglicht auch eine schonende Holzernte, die die ökologischen Funktionen des Waldes möglichst wenig beeinträchtigt. Dabei muss in größeren Dimensionen als einzelnen Beständen und langfristigen Zeiträumen gedacht werden. Dazu gehören auch die Schaffung großer, zusammenhängender Wildnis- und Naturwaldgebiete. 

Die letzten zwei Jahre sind keine kurzfristige Krise, sondern der Start einer langfristigen Entwicklung, die Wälder weltweit unter zunehmenden Stress setzen wird. Förster, Jäger, die Holzwirtschaft und Konsumenten müssen entsprechend verantwortlich handeln, um diese Lebensgrundlage bestmöglich zu erhalten.

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Alternativen zur Deckung des Holzbedarfes in Österreich

Ein Diskussionspunkt beim Thema der Nutzung von Holz bzw. Wäldern ist die stoffliche oder energetische Nutzung. Hier liegt der Punkt in der Problematik, dass wir Energie benötigen, aber die Verbrennung von Holz CO2 freisetzt. Allerdings nur so viel wie der Baum aufgenommen hatte, wodurch Energie aus Holz als CO2-neutral angesehen werden kann. Auf der anderen Seite sind Bauelemente aus Holz sehr beliebt und langlebiger. Sie binden somit das CO2 langfristig. 

Als nachwachsender und umweltfreundlicher Rohstoff wird Holz vielfach als eine gute Alternative zu anderen, umweltschädlicheren Stoffen gesehen. Bei der Verbauung speichert das Holz das CO2 länger als bei der energetischen Nutzung. Daher möchte man die Verwendung von Holz erhöhen und die Nutzung klimaschädlicher Rohstoffe verringern. Doch bei steigendem Bedarf an Holz sind irgendwann die Grenzen der nachhaltigen Waldbewirtschaftung erreicht. Da der Wald ein langsam wachsender Rohstoff ist, sollte der Zuwachs größer sein als die entnommene Menge. So wird auch für die Zukunft eine Deckung des Bedarfes ermöglicht. Bei zu großem Bedarf an Holz kann dies zu einer Holzentnahme führen, die höher ist als der Zuwachs, was schlussendlich zu einer Entwaldung führt.

Alternativen können hilfreich sein, um eine Abhilfe des Nutzungskonfliktes zu schaffen, indem zum Beispiel der Energiebedarf mit Alternativen gedeckt wird und so genügend Holz als Baumaterial bleibt. Ob der Nachfrage nach Holz im Laufe der Zeit sinken wird, kann nicht gesagt werden, anhand aktueller Entwicklungen scheint es wahrscheinlicher, dass die Nachfrage gleichbleibt bzw. steigt. Um die Vorteile des Waldes wie die Funktion als CO2-Senke und den Erosionsschutz für den Klimawandel „ausnutzen“ zu können, können alternative Stoffe, die ähnlich wie Holz verwendet werden, von Vorteil sein. So wird dem Wald eine Entlastung geboten und es kann auf andere Bereiche ein Augenmerk gelegt werden. 

Kurzumtriebsplantagen

Eine Alternative für die Deckung des Holzbedarfs können sogenannte Kurzumtriebsplantagen (KUP) sein. KUP sind Plantagen, auf denen meist eine bestimmte, in der Jugend schnellwachsende Baumart kultiviert wird. Diese werden je nach Rotationszeit nach einigen Jahren geerntet. Häufig werden verschiedene Methoden bei der Ernte angewandt, so dass nicht alles Holz auf einmal geerntet wird. Als geeignete Baumarten sind zum Beispiel Weide, Pappel oder Robinie geeignet, es können aber auch andere schnellwachsende Baumarten sein, welche sich oft über Stockausschlag vermehren können. Somit ist es meistens nicht nötig die Fläche über mehrere Jahre neu zu bepflanzen. Je nachdem wie schnell eine Pflanze wächst, wird das Holz jeweils anders genutzt. Die schnellwachsenden Hölzer werden normalerweise als Energieholz verwendet, da Wertholz in dieser Zeit nicht wachsen kann. Vor allem in einer Rotationszeit von zwei bis drei Jahren bei Weiden und drei bis fünf Jahren bei Aspen und Pappeln wird das Holz nur für die Energienutzung verwendet. 

Trotz der energetischen Verwendung des Holzes aus den KUP können je nach Baumart auch stoffliche Verwendungen genutzt werden, zum Beispiel mit dem Holz von Pappeln und Robinien. Es sollte schon am Anfang feststehen, zu welchem Zweck man die KUP verwenden möchte, da die Anpflanzung zwischen der stofflichen und energetischen Nutzung variiert. Bei stofflicher Verwendung sollte die Pflanzung mit geringerer Baumanzahl stattfinden. Dadurch haben die Bäume in der späteren Wachstumsphase genügend Abstand und Platz sich auszubreiten und zu wachsen. Nach 8 bis 15 Jahren sind die Industriehölzer fertig für die Ernte und werden dann häufig für die Papier- und Zellstoffindustrie verwendet, können aber auch in der Holzwerkstoffindustrie Verwendung finden.

Neuauflage des Niederwalds

Zwar können KUP im Aufbau und der Bewirtschaftungsweise dem eines Niederwaldes ähneln, allerdings gibt es einige Unterschiede. Niederwälder sind altbekannte Waldformen, die in einer Zeitspanne von 20 bis 40 Jahren bewirtschaftet werden können. Ein weiteres Charakteristikum für einen Niederwald ist die wiederholte Verwendung des vorhandenen Baumbestands und die daraus häufig resultierende Verwendung des Stockausschlages, also von Zweigen, die aus dem abgeschnittenen Stamm nachwachsen. KUP dagegen werden auf landwirtschaftlichen Flächen kultiviert und in der Anfangsphase sind zum Schutz der Sämlinge Pflanzenschutzmittel erlaubt, sollten diese benötigt werden. Weiterhin wird für den Anbau meistens auch gezüchtetes Pflanzenmaterial verwendet, welches eine gute Wachstumsleistung besitzt. Dabei werden für KUP nur Bäume verwendet, die ein schnelles Jugendwachstum haben und somit schnell reif für die Ernte sind. Auch die Zeitlängen zwischen der Ernte der KUP fallen wesentlich schneller an als in einem bewirtschafteten Niederwald. 

KUP stehen als eigenes Kulturelement zwischen der langfristigen Forstwirtschaft und der intensiv genutzten Landwirtschaft. Ökologisch betrachtet werden KUP auf landwirtschaftlichen Flächen meistens als positiv ermessen. Vor allem die längere Standzeit auf den Böden ist vorteilhaft gegenüber intensiv genutzten landwirtschaftlichen Nutzpflanzen. Auch sind die Stickstoffkreisläufe geschlossen und entziehen so dem Boden nicht nur Nährstoffe, sondern geben ihm auch Nährstoffe zurück. Durch die langjährige Durchwurzelung und Bestockung des Bodens findet eine Stabilisierung statt und es können Erosionen verhindert oder vermindert werden. Bezüglich der Biodiversität müssen KUP und landwirtschaftlich genutzte Flächen differenziert betrachtet werden. Gegenüber den landwirtschaftlichen Flächen gibt es zum Beispiel eine höhere Anzahl an Brutvögeln in den KUP, allerdings ist die Anzahl der Laufkäfer geringer. Gegenüber intensiv genutzten Agrarflächen sind die Artenzusammensetzungen verändert und können sich auch verbessern, müssen dies aber nicht. Auch im Sinne des Bodenschutzes auf Agrarflächen sind die KUP besser anzusehen, da hier kaum gedüngt wird und die Bäume mehrjährig auf dem Boden stehen bleiben. Weiter wird der Boden kaum bearbeitet und die Mehrjährigkeit wirkt sich positiv auf den Boden aus.

Hanf als Holzalternative

Eine andere Möglichkeit kann Hanf sein. Früher war die Pflanze in vielen Kulturen als vielfältig eingesetzte Nutzpflanze verbreitet. Vor allem in China und Persien wurde Hanf schon vor 12.000 Jahren angebaut. Sie nutzen ihn für Papier, Bekleidung und andere Faserstoffe und aßen die Samen. Im 13. Jahrhundert kam der Hanf dann nach Europa. Er wurde auch wegen seiner heilenden Wirkung in der Medizin gerne genutzt. Berühmte Produkte aus Hanf waren zum Beispiel die Bibel von Gutenberg, die er 1455 auf Hanfpapier druckte, die erste Jeans aus Hanf und Teile der Schiffe von Kolumbus. Deren Segeltücher und die Taue der Schiffe bestanden aus Hanf. Durch Kolumbus war der Hanf dann in Amerika angekommen. Auch dort blühte seine Verwendung auf, bis die Industrialisierung einsetzte. Da Hanf von Hand verarbeitet wurde und somit aufwändig zu bearbeiten war, wurden Alternativen, die maschinell bearbeitet wurden, billiger und somit populärer. Durch den Zweiten Weltkrieg wurde der Anbau von Hanf noch einmal befördert, da Rohstoffmangel herrschte. Danach ist er immer mehr in Vergessenheit geraten und wurde durch andere Stoffe verdrängt. 

Doch es scheint, als erlebt der Hanf im 21. Jahrhundert seine Renaissance. Immer häufiger sieht man Produkte und Nahrungsmittel aus Hanf. Aufgrund seiner vielseitigen Einsatzmöglichkeiten wird Hanf in Zukunft vielleicht auch in anderen Branchen wieder Verwendung finden, zum Beispiel als Alternative zum Holz für Papier. So braucht man dafür weniger Holz, welches anderweitig verwendet werden oder im Wald verbleiben kann. 

Der für die Rohstoffgewinnung angebaute Nutzhanf (Cannabis sativa var. sativa) hat einen geringen THC-Gehalt und kann legal angebaut werden. Dies ist auch immer häufiger der Fall. Es scheint also, dass der Hanf eine Renaissance erlebt. Hanf hat viele positive Eigenschaften, die früher von den Leuten gesehen wurden, aber anscheinend in Vergessenheit geraten sind. Einen großen Vorteil von Hanf ist, dass er universell eingesetzt werden kann, was ihn anpassungsfähig macht. Seine Fasern sind sehr elastisch, reißfest sowie lange haltbar und können aufgrund dieser Eigenschaften vielseitig verwendet werden. Nicht nur in der Papierherstellung kann er als Alternative zum Holz herangezogen werden, auch sind die Fasern als Dämm- und Isoliermaterial geeignet. Aus Hanf hergestelltes Papier überdauert lange und vergilbt kaum. Des Weiteren lassen sich Textilien, Bekleidung, Seile, Segel und ähnliches aus Hanf herstellen. Von Nahrungsmitteln und Kosmetikartikeln mal ganz abgesehen. Weiterhin kann Hanf gut ökologisch angebaut werden und ist biologisch abbaubar. Hanf ist auch im Anbau anspruchslos, wächst schnell und hat keine großen Ansprüche an den Boden. Die Pflanze kann die Bodenqualität verbessern und benötigt so gut wie keine Pestizide. Im Vergleich zu Holz ergibt Hanf auf gleicher Anbaufläche vier- bis fünfmal mehr Papier und lässt sich aufgrund der Reißfestigkeit öfter recyceln. Auch im Vergleich zu Baumwolle liefert Hanf zwei- bis dreimal so viel Fasern, die für Kleidung und ähnliches verwendet werden können. Weiter kann Hanf als Energiequelle genutzt werden oder in Faser- und Verbundstoffen.

Produktionsabfälle als Holzalternative

Weiterhin gibt es zum Beispiel für Terrassenverkleidungen eine neuartige Alternative, Resysta, das zu 60 % aus Abfallstoffen besteht, und zwar aus Reishülsen. Des Weiteren kommen noch 22 % Steinsalz und 18 % Mineralöl dazu. In einem Verfahren werden daraus Produkte hergestellt, die UV-beständig, rutschfest, wasserfest sowie wetterbeständig ist. Durch die Fertigung sieht das Material ähnlich wie Holz aus und aufgrund der Materialien, die für die Herstellung von Resysta verwendet werden, sind die Produkte recyclebar. Weiterhin sind die Produkte mit minimalem Pflegeaufwand lange haltbar. So kann Resysta auch für Outdoormöbel, Zäune, Fassaden, Verkleidungen, Nassbereiche, Innenausbau, Messebau, Fenster und Schiffe verwendet werden.

Eine weitverbreitet Alternative – Bambus

Auch Bambus ist eine gute Alternative zu Holz, so können zum Beispiel Bambusspäne zu Spanplatten verarbeitet werden. Aber nicht nur das lässt sich aus Bambus herstellen, auch andere Holzprodukte können aus Bambus hergestellt werden. Als alltägliches Beispiel kann die Zahnbürste aus Bambus genannt werden. Weiterhin kann Bambus für Papier, Möbel, Fußböden sowie Kleidung verwendet werden.

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Naturnahe Waldbewirtschaftung

Nachhaltige Waldwirtschaft versteht den Wald als Ökosystem, das unterschiedlichste Funktionen erfüllen sollte und sich nicht nur auf den Aspekt der Holzproduktion stützt. Nachhaltige Waldwirtschaft wird als ein Oberbegriff für mehrere Wirtschaftsweisen und Modellen verwendet. Die naturnahe Waldwirtschaft ist eines davon. Dass der Wald wichtig für uns Menschen und die Umwelt ist, vor allem in Zeiten des Klimawandels, ist klar und auch in diversen Gesetzen aufgeführt, wie zum Beispiel dem Bundeswaldgesetz in Deutschland von 1975. Doch der Begriff der Nachhaltigkeit und das vorausschauende Bewirtschaften eines Waldes geht noch viel weiter zurück. Vor mehr als 200 Jahren prägte Hans Carl von Carlowitz in seinem Werk „Sylvicultura oeconomica“ den Begriff der Nachhaltigkeit in Bezug auf den Wald. Er erkannte, dass der Wald so zu bewirtschaften ist, dass auch die Nachkommen noch ausreichend Holz zur Verfügung haben.

Im Klartext bedeutet dies nur so viel Holz zu entnehmen, wie auch nachwachsen kann. Denn die Bäume, die jetzt wachsen, werden erst von unseren Enkeln genutzt. Weiterhin soll auf den Boden mit Flora und Fauna ein besonderes Augenmerk gelegt werden, da diese für das gesamte System wichtig sind und eine Grundlage für einen stabilen Wald bieten. Im Allgemeinen werden bei der nachhaltigen Waldwirtschaft alle Leistungen des Waldes und der Dauerhaftigkeits-Gedanke berücksichtigt.

Die naturnahe Waldwirtschaft ist eine von drei waldwirtschaftlichen Konzepten mit Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit. Die zwei anderen Konzepte sind die naturgemäße Waldwirtschaft und die ökologische Waldwirtschaft. Die naturnahe Waldwirtschaft, orientiert sich, wie der Name schon andeutet, an Prozessen, die ohne den Eingriff von Menschen stattfinden würden, und nutzt diese für Bewirtschaftungsmaßnahmen. Sie versucht den ursprünglichen Zustand der Urwälder wiederherzustellen bzw. anzugleichen. Diese Prozesse, wie beispielsweise Naturverjüngung, sollen möglichst effizient und risikosenkend in ökonomischer und ökologischer Hinsicht ausgenutzt werden.

Ein maßgebliches Ziel ist es, die vorhandenen Baumarten, die das Landschaftsbild natürlicherweise prägen würden, zu fördern und stabile Mischwälder zu schaffen. Die Mischwälder sollten aus verschiedenen Altersstufen bestehen und strukturreich sein. Auch gilt ein Augenmerk auf das Prinzip „Klasse statt Masse“ zu legen. Das bedeutet, dass einzelne, am besten hochwertige und starke Bäume, geerntet werden, der Bestand aber stetig weiterwächst. Ein Kennzeichen für naturnahe Waldwirtschaft ist die waldbauliche Umwandlung von den Nadelreinbeständen hin zu Mischwäldern mit zum Beispiel erhöhtem Anteil von Rotbuche (Fagus sylvatica), Trauben-Eiche (Quercus petraea)oder Stiel-Eiche (Quercus robur). Dazu gehört natürlich auch die standortsgemäße Baumartenwahl, sowie die Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit, um einen Dauerwald zu begünstigen und möglichst auch keine Kahlschläge vorzunehmen. Auf Düngemittel, Herbizide, Insektizide, und andere Einsatzmittel ist zu verzichten und ökosystemverträgliche Wildbestände sollte man zulassen.

Auch bewegt sich die naturnahe Waldwirtschaft hin zu einem multifunktionalen Wald und versucht die Prozesse der Fläche abzustimmen. Der naturnahe Waldbau beinhaltet als Kernpunkte sechs verschiedene Elemente. Zum einen sind das die standortgerechte Baumartenwahl sowie die Naturnähe des Waldes im Allgemeinen. Mischwälder mit verschieden alten und großen Bäumen sind ein weiterer wichtiger Aspekt. Dabei sollte die ökologische und physikalische Stabilität der Wälder mitberücksichtigt werden. Einer der Hauptaugenmerke liegt dabei auf der Naturverjüngung, die unter anderem durch angepasste Wildbestände erreicht wird. Augenmerk sollte auf der angepassten Pflege der Bestände liegen, und zwar in der qualitäts- und stabilitätsorientierten Pflege. Weiterhin sind der integrierte Waldschutz und die pflegliche Waldarbeit auch Teile der naturnahen Waldwirtschaft. Bei allen Konzepten sollten die Interessen der verschiedenen Akteure mit einbezogen werden. 

Bestandszieltypen

In Deutschland werden Bestandszieltypen oder Waldbaurichtlinien für die einzelnen Bundesländer entwickelt und bieten Praktikern ein Nachschlagwerk zur Orientierung. In diesen Dokumenten werden Bestimmungen zur Baumartenzusammensetzung in einer praktischen Anleitung für den Waldbau geliefert. Hauptsächlich geben und gelten die Bestandszieltypen für die öffentlichen Wälder, die in Deutschland von den einzelnen Bundesländern bewirtschaftet werden. Allerdings haben auch bei anderen Nutzungsformen, wie zum Beispiel im Privat- oder Körperschaftswald diese Richtlinien eine große Bedeutung. 

Die Waldbaurichtlinien gelten allgemein und beschreiben die Grundsätze für den Waldbau. Der Bestandszieltypenerlass bestimmt noch einmal genauer, wie geeignet Baumarten bzw. Baumartenzusammensetzungen für verschiedene Standorte sind. Als höchstes Ziel der Waldwirtschaft steht die nachhaltige Waldentwicklung im Vordergrund. Es ist wichtig die Baumarten passend zu den jeweiligen Standorten zu wählen, da dies schon die erste Hürde ist, die über Erfolg und Misserfolg entscheiden kann. Der Grundsatz der waldökologischen Orientierung ist die Naturnähe, die sich auch in den Bestandszieltypen widerspiegelt. Naturnähe fördert stabile Bestandsstrukturen und naturschutzfachliche Anforderungen. Auch die Wirtschaftszielorientierung ist ein wichtiges Leitprinzip, das befolgt werden sollte. Es misst sich an Wert- und Volumenleistungserwartungen der Bestände. 

Naturnähe und Wirtschaftlichkeit

Bestandszieltypen sind mittel- bis langfristige Zielsetzungen für einen Bestandsaufbau, der ausgehend vom Bestandszustand angestrebt wird. Nicht standortgerechte Bestandszustände sollten so zeitnah wie möglich in Richtung eines geeigneten Bestandszieltyps entwickelt werden. Bestandszieltypen beschreiben eine „während des gesamten Bestandslebens planmäßig zu gestaltende, standortsgerechte Bestockung, die sich im Hiebsreifealter der Hauptbaumart durch die Zusammensetzung nach Haupt- und Mischbaumarten sowie durch den vertikalen und horizontalen Bestandsaufbau auszeichnet“.

Ein Hauptpunkt der Bestandszieltypen sind die Stamm-Standortsformengruppen, aus denen sich die Bestände zusammensetzen. Diese sind jeweils noch nach den Klimastufen getrennt in feuchtes, mäßig trockenes und trockenes Tieflandklima. Zu der konkreten Bestandszieltypenwahl gehören, auf die Hauptbaumarten bezogen, die Grundsätze der Standortsgerechtigkeit, der Naturnähe und der Wirtschaftszielorientierung. Die neuen Bestandszieltypen sind entsprechend in Baumarten und Baumartenanteile, Bestandsstruktur, Leistungserwartung für Wertholz, Entstehung des Bestandszieltyp, mögliche Standortseinheiten, Waldentwicklungsstadien und charakteristische Waldbiotoptypen eingeteilt.

Der naturnahe Waldbau ist in Deutschland in Landesgesetzen festgehalten und somit Grundlage für die Waldwirtschaft. Das Leitbild ist, wie oben schon erwähnt, ein gemischter, strukturierter und naturnaher Wald. Diese Wälder haben häufig eine geringere Anfälligkeit gegenüber biotischen und abiotischen Gefahren. Weiterhin sollen die Wälder standortgerecht und stabil sein, um die auch die Nutzungsmöglichkeiten langfristig zu sichern. 

Gemeinsamkeiten der Bundesländer 

Trotz der unterschiedlich aufgebauten Bestandszieltypen gibt es auch Gemeinsamkeiten bei angeratenen Zusammensetzungen, Vorschlägen und Richtlinien der verschiedenen Bundesländer. 

Beispielhaft wird hier der Bestandszieltyp Rotbuche (Fagus sylvatica) – Grüne Douglasie (Pseudotsuga menziesii var. menziesii) aus Brandenburg dargestellt, welcher sich in ähnlicher Form in anderen Bundesländer findet und im Hinblick auf den Klimawandel für viele Standorte geeignet ist. Aus den Brandenburgischen Tabellen hervor, dass die Buche als Hauptbaumart mit 50 bis 70% Anteil vorkommen sollte. Die vertikale Bestandsstruktur, also die Schichtung, ist für Haupt- und Mischbaumarten so vorgesehen, dass durch frühzeitige waldbauliche Eingriffe eine vertikale Differenzierung des Bestands anzustreben ist. Dabei wird die Schnellwüchsigkeit der Douglasie ausgenutzt. Auch sollte der Unterstand vorwiegend aus Rotbuchen bestehen. Der Stammdurchmesser auf Brusthöhe beim Fällen der Buchen sollte im Optimalfall 55 bis 65 cm betragen. Das ist nach 120 bis 160 Jahren erreicht. Der Buchenbestand sollte vorzugsweise durch Naturverjüngung entstehen. Ist dies nicht der Fall, können auch Pflanzung oder die Übernahme von Unterbauten eine Möglichkeit sein.

Die Grüne Douglasie als Mischbaumart sollte einen Anteil von 20 bis 40 % ausmachen und eher einzeln unter die Buchen gemischt sein. Der gewünschte Stammdurchmesser beträgt mindestens 50 cm und die Wuchszeit 80 bis 120 Jahre. Entstehen sollte die Mischungsschicht durch Naturverjüngung, Nachbau und Ergänzung. Die Begleitbaumarten sollten ca. 10 % des Bestandes ausmachen und durch Naturverjüngung natürlich wächsen. Begleitbaumarten können beispielsweise Traubeneiche, Hainbuche, Gemeine Kiefer, Gemeine Fichte, Küstentanne, Eberesche und Gemeine Birke sein. Diese sind in der Bestandsstruktur einzelstammweise im Bestand verteilt und kommen meistens im Bereich der Bestandsränder vor. Dieser Bestandszieltyp entspricht dem sogenannten Schlusswaldstadium und ist einer von natürlichen Buchenwaldgesellschaften veränderter Waldtyp, der durch die Einbringung von Douglasien geändert wird. Dieser Typ ist aber zum Beispiel nicht für Böden mit erhöhter Staunässegefahr sowie hochanstehendem Kalk und Lehmsubstraten geeignet. Geeignete Nährstoffkraftstufen und Bodenformen sowie Humusformen und Klimastandorte werden in den Unterlagen der Bestandszieltypen aufgeführt.

Geltung in Österreich 

Aus dem oben genannten Beispiel der Bestandszieltypen können Ansätze und Vorschläge auch auf Österreich angewendet werden. Natürlich sollten die Ausgangslage und Bedingungen vor Ort berücksichtigt und jeweils angepasst werden. 

Zum Beispiel ist der Weg in Richtung Mischwälder für alle europäischen Länder eine gute Idee und sollte überall in Gang gebracht werden. Daher ist für die Fichten-Monokulturen in den Bergwäldern Österreichs ein Umbau in Richtung Bergmischwälder sinnvoll. Dadurch werden die Wälder resilienter, stabiler und können so wieder natürlichen Schutz gegen Erosionen, Lawinen und andere Gefahren bieten. Ein weiterer positiver Effekt ist die Luftreinigung und Wasserhalte- sowie Wasserfilterfähigkeit. Der oben genannte Bestandszieltyp kann auch in vielen Regionen Österreichs eine Option darstellen. Die Douglasie eine gute Baumartenwahl für die Zukunft dar, ebenso die Buche, die ihren natürlichen Verbreitungsraum in Europa hat. Aus den Bestimmungen der Bestandszieltypen können also auch für Österreich Waldbaustrategien abgeleitet werden. 

Waldstrategieplan 2020+

Eine weitere Möglichkeit, um den Waldbau in eine nachhaltigere und zukunftsorientierte Richtung zu lenken ist der Waldstrategieplan 2020+. Dies ist ein vom österreichischen Ministerium herausgegebener Plan, der Strategien für die Waldwirtschaft darlegt. Er wurde durch Walddialog-Beteiligte erarbeitet und es ist ein eigenes Arbeitsprogramm für dessen Umsetzung erarbeitet worden. Das Programm enthält konkrete Maßnahmen und ist somit das Umsetzungsinstrument der Waldstrategie. Es soll laufend weiterentwickelt und angepasst werden.

Das Hauptaugenmerk des Strategieplans liegt auf der nachhaltigen multifunktionalen Waldwirtschaft, die ökologische, ökonomische und soziale Aspekte berücksichtigt. Es sind sieben Punkte aufgelistet, die als Orientierungspunkte gelten sollen, und zwar: 

1. Beitrag der österreichischen Wälder zum Klimaschutz 
2. Gesundheit und Vitalität der österreichischen Wälder 
3. Produktivität und wirtschaftliche Aspekte der österreichischen Wälder 
4. Biologische Vielfalt in Österreichs Wäldern 
5. Schutzfunktionen der österreichischen Wälder 
6. Gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Aspekte der österreichischen Wälder 
7. Österreichs internationale Verantwortung für nachhaltige Waldbewirtschaftung

Dem Wald stehen viele Erwartungen und Ansprüche entgegen. Er soll Lebensraum, Erholung, Wasserfilter, Schutz gegen Lawinen und Kohlenstoffspeicher bieten. Das sind viele Aufgaben für ein komplexes Ökosystem. Da so viele Anforderungen an den Wald bestehen, sollte es klar sein wie wichtig sein Schutz ist. Die Ansprüche an ihn werden aber immer höher, weshalb es wichtig ist ihn nachhaltig zu bewirtschaften und bedacht mit ihm umzugehen. Um solche Reglements für die Waldbesitzer zu bieten, gibt es diese Handlungsvorgaben/-anregungen des Waldstrategieplans.

Richtlinien des ÖBF

Auch von den österreichischen Bundesforsten (ÖBF) wird eine ökologische und naturnahe Waldwirtschaft angestrebt. Zwar sind dessen Vorgaben nur für die Landesforste zwingend, allerdings können diese Leitsätze und Prinzipien natürlich auch von privaten Waldbesitzern verwendet werden. Die waldbaulichen Strategien sind in einem weiteren Heft zusammengestellt, welches als Orientierungspunkt dienen sollte. Auch hier wird das Augenmerk auf naturgemäße und ökologische Waldwirtschaft gelegt, da nur so die multifunktionalen Anforderungen an den Wald erfüllt werden können. So steht auch in Österreich die natürliche Baumartenzusammensetzung im Vordergrund, welche standortsgerecht eingesetzt werden sollte. Im Klartext bedeutet das Bäume aus der potenziell natürlichen Vegetation der jeweiligen Region zu verwenden.

Des Weiteren wird auch auf die Naturverjüngung ein Augenmerk gelegt, durch die neue Bestände begründet werden sollen. Auch die Biodiversität spielt eine große Rolle in der naturnahen Waldbewirtschaftung. Diese soll gefördert werden und Kleinstrukturen/-biotope sowie Besonderheiten erhalten bleiben. Es werden also Wälder angestrebt, die standortangepasst, gesund, gut strukturiert und stabil sind. Dabei sollen die Wälder auch wertvolles Holz liefern, um den wirtschaftlichen Nutzen zu integrieren.

Ein weiteres Augenmerk wird aktuell auf den Klimawandel gelegt. Dabei ist bei Wäldern besonders auf die Resilienz zu achten sowie auf die Anpassung an wärmere Temperaturen und erhöhte Schadereignisse bei der Baumartenwahl.Um in einem konkreten Bestand Ziele zu formulieren und später zu erreichen, ist es zuerst wichtig aktuelle waldbaulichen Planungen und Grundlagen zu analysieren, die sich an den natürlichen Gegebenheiten des jeweiligen Bestandes orientieren. Wichtig ist den vorliegenden Standort genau zu bestimmen, was für ein Bestand gewünscht ist und wie dieser erreicht werden kann. Durch diese Bestimmungen kann für jeden Waldbesitzer mit den vorgegebenen Kriterien eine naturgemäße Waldwirtschaft/-strategie geplant werden. Die Bestandszieltypen aus Deutschland haben mit den verschiedenen Strategien in Österreich viele Gemeinsamkeiten, die auch individuell von Förstern übernommen werden können.

Das Gleichgewicht zwischen Wald, Wild und großen Beutegreifern

„Wald und Wild“, so lautet der eingebürgerte Grundsatz im Forstbereich. Für manch anderen ist es eher „Wald mit Wild“. Egal wie man diese verschiedenen Situationen im Umgang mit dem Wald sieht, es ergeben sich häufig Konflikte. Unter anderem auch durch die Rückkehr der Beutegreifer. 

Wildtiere im Wald

Wildtiere gehören zum Ökosystem Wald dazu. Sie haben wichtige Funktionen und regulieren Abläufe, die wir vielleicht gar nicht ganz erfassen können. In abgestimmten Populationsdichten haben Wildtiere kaum negative Auswirkungen auf den Wald und das Ökosystem befindet sich im Gleichgewicht. Da durch die Ausrottung der großen Beutegreifer aber das Räuber-Beute-Verhältnis gestört wurde, kann das zum Teil problematische Folgen für die natürliche Waldverjüngung und Waldzusammensetzung haben. 

Insbesondere das Schalenwild verursacht Verbissschäden, die die Sämlinge im Wachstum einschränken und das Höhenwachstum schädigen. Auch Schälschäden von Rotwild an zum Beispiel Fichten rufen bei älteren Exemplaren Folgeschäden hervor wie den erleichterten Eintritt von Pilzen in das Holz durch die abgeschälte Rinde. Und an diesen Stellen findet häufig auch kein Nährstoff- und Wasseraustausch mehr statt. Auch Fegeschäden von Rehböcken sollten nicht unterschätzt werden und können bei kleineren und dünnen Bäumen größere Verletzungen hervorrufen. Zum Schalenwild gehören folgende, dem Jagdrecht unterliegende, Wildarten: Rotwild, Damwild, Sikawild, Rehwild, Steinwild, Gamswild und Schwarzwild.

Wald-Wild-Konflikt

Das Thema findet immer wieder seinen Einzug in die Öffentlichkeit. Viele Waldbesitzer klagen, dass eine natürliche Verjüngung ihres Waldes kaum möglich ist aufgrund des hohen Wildverbisses. Auch möchten immer mehr Menschen ihre Rechte im Wald wahrnehmen wie zum Beispiel die Erholungsfunktion oder Lernfunktion. Doch auch die Wildtiere haben das Recht auf ihren Lebensraum. Um diese Ansprüche in Einklang zu bringen, ist überlegtes Wildtiermanagement nötig. 

Für den Wald und die Waldbesitzer steht die Walderhaltung im Vordergrund und auch die Sicherung der Biodiversität. Dies wird durch ein Übermaß an Wild im Wald bedroht, da die Nahrung für das Wild irgendwo herkommen muss. In Österreich wurden im Jagdjahr 2017/2018 285.718 Rehe erlegt, sowie 1.190.724 Rehe im gleichen Jagdjahr im Nachbarland Deutschland. Da aber Millionen Rehe unsere Wälder bevölkern, ist es kein Wunder, dass die Verjüngung im Wald nicht besonders gut vorankommt. Außerdem ist das Rehwild ein Konzentratselektierer, der „Feinschmecker“ unter dem Wild, und ist relativ wählerisch mit seiner Nahrungsaufnahme. Häufig frisst es Kräuter, Gräser, Sträucher, Stauden, sowie Früchte, Knospen und Pilze. Trotz dieser anspruchsvollen Nahrung kommt das Rehwild bei uns sehr häufig vor, da es an den Lebensraum angepasst und ein Kulturfolger ist. 

Da so viel Wild im Wald lebt und dieses auch satt werden möchte, kann durch eine zu hohe Wilddichte ein ganzes Waldstück entmischt werden. Dadurch können die verschiedensten Schutzfunktionen des Waldes in Mitleidenschaft geraten. Weiter schwierig zu bewerten ist die Biodiversität und ihre Beeinträchtigung durch den Wildverbiss. Die Biodiversität im Wald ist natürlich nicht nur durch die verschiedensten Baumarten geprägt, jedoch auch durch die zahlreichen unterschiedlichen Pflanzen- und Tierarten.

Zum Beispiel wirkt sich der Verbiss durch eine zu hohe Schalenwilddichte im Bergwald nachteilig auf dessen Schutzfunktion aus. Auch die Biomasseproduktion sinkt und durch mehrmaligen Verbiss wird früher oder später eine Instabilität und Mortalität der Bäume hervorgerufen. So kann sich ein vitaler Mischwald in Teilen nicht mehr selbst regulieren und verliert nach und nach seine Funktion als Schutzwald. Diese Schutzfunktionen sind der Erosions- und Lawinenschutz, die Wasserrückhaltefunktion und dessen Reinigung. Fehlen diese, da der Wald nicht mehr ganz intakt ist, kann dies Gefahr für die Menschen und Dörfer darstellen.

Einfluss von Beutegreifern auf das Waldökosystem

Wölfe sowie andere große Beutegreifer haben auf die Bestandsdichte ihrer Beutetiere direkten und indirekten Einfluss. Direkte Einflüsse beziehen sich auf numerisch betreffende Effekte, wie zum Beispiel den Bestand und die Demografie von Reh-, Rot- und Gamswild. Die indirekten Einflüsse drehen sich um funktionelle Effekte, also Verhaltensänderungen des Schalenwildes. Generell lässt sich sagen, dass in der ersten Zeit, wenn Prädatoren wieder in ein Gebiet zurückkehren, die indirekten Einflüsse überwiegen. Die Huftiere verändern ihre Raum- und Ressourcennutzung, da sie versuchen den Beutegreifern aus dem Weg zu gehen. Sind mehr Beutegreifer vorhanden, kommen nach und nach auch die direkten Einflüsse zum Vorschein, nämlich der Rückgang der Huftierdichte. Mit diesen Wechselwirkungen zwischen Wolf und Schalenwild wird auch der Verbiss an der Waldverjüngung verändert. Per se kann jedoch nicht gesagt werden, dass der Verbiss weniger wird, wenn Beutegreifer zurückkehren. Die Wechselwirkungen zwischen Räuber-Beute-Beziehung sind vielfältig und sehr komplex. 

Durch das lange Fehlen der natürlichen Feinde von Schalenwild konnten diese sich ausbreiten und die Populationsdichten zunehmen. Mit der Rückkehr der Beutegreifer kann sich das ändern. Da Wölfe ganzjährig jagen, um ihren Energiebedarf zu decken, führt das zu kleineren Beständen der Beute. Dadurch kann die Häufigkeit, Stärke und Verteilung des Verbisses an jungen Waldbäumen beeinflusst werden. Dieser direkte Einfluss auf die Dichte des Schalenwildes ist der offensichtlichste, aber nicht der einzige. Nicht vergessen werden sollte, dass ein erhöhter Rückgang des Schalenwildes auch ein besseres Nahrungsangebot für die verbleibenden Bestände bedeutet. Dies kann sich dann indirekt auf die Konstitution, Wintersterblichkeit und Nachwuchsrate der Individuen auswirken. Somit kann die Bestandsreduktion durch die Prädatoren zum Teil ausgeglichen werden. 

Des Weiteren wird durch den Prädationsdruck die räumlich-zeitliche Nutzung des Wildes verändert. Die Tiere lernen den Druck durch angepasstes Verhalten zu verringern. Nebenbei wird so auch wieder der Verbiss indirekt beeinflusst. Das Schalenwild bewegt sich nun mehr und so werden folglich an einem Ort nicht mehr ganz so viele Pflanzen verbissen, können sich erholen und hochkommen. 

Schalenwild weicht den Beutegreifern aus

Der numerische Effekt auf Wildtiere ergibt sich häufig erst durch große Wolfsbestände, die sich erst einmal etablieren müssen. Häufig sind die das räumliche und/oder zeitliche Ausweichen in andere Regionen eine der am häufigsten auftretenden Auswirkungen von Wölfen. Das Wild weicht den Prädatoren aus und wandert in risikoärmere Gebiete ab oder meidet die Streifgebiete von Wölfen. Es konnte nachgewiesen werden, dass in kleinräumigen Gebieten das Rotwild Bereiche mit viel Totholz meidet. In diesen Bereichen können Gefahren lauern, die das Wild nicht wahrnimmt und zudem kann es dort schlechter fliehen. So kann es in den Kerngebieten der Wölfe, in denen viel Totholz vorhanden ist, zu weniger Verbiss und mehr natürlicher Verjüngung kommen. Andererseits kann es in den Gebieten, in denen sich dann das Rotwild aufhält, zu vermehrtem Verbiss kommen. Zusätzlich dazu lässt sich wahrscheinlich bei den Gämsen der verkehrte Effekt „erzielen“. Diese werden sich in Gebiete mit viel Totholz zurückziehen, da sie dort genügend Nahrung und Schutz finden und Wölfe in offenem Gelände erfolgreicher Jagen können als in dichten Beständen. Auch hier kann sich beim Schalenwild eine Veränderung im Verhalten einstellen, da sie sicherer in den dichten Beständen sind. Weiterhin berichtet eine andere Studie, dass das Schalenwild im Sommer in höhere sowie steilere Lagen abwandert, um den Wölfen auszuweichen.

Durch die Verhaltensänderungen werden auch die Gruppengrößen und damit der lokale Äsungsdruck beeinflusst. Ebenfalls wird das Wild bei Wolfspräsenz wachsamer, sichert mehr, pausiert mit den Nahrungsaufnahmen und weicht zum Äsen in risikoärmere Stunden im Tagesverlauf aus. Auch wenn nur ein geringer Anteil des Schalenwildes den Prädatoren zum Opfer fällt, führen die Beutegreifer zum Teil erhebliche Verhaltensänderungen hervor.

Verschiedene Beutegreifer wirken sich unterschiedlich aus

Im Nachbarland Schweiz zum Beispiel erfolgt der Einfluss der Beutegreifer auf die Waldverjüngung hauptsächlich indirekt, da die Wolfs- sowie Luchspopulationen eher klein- bis mittelgroß sind. Sind zusätzlich zu den Beutegreifern auch noch Menschen im Gebiet aktiv, entstehen komplexe Wechselwirkungen. Nicht alle Beutegreifer haben dasselbe Beutespektrum oder die gleiche Jagdstrategie und üben somit auch nicht den gleichen Jagddruck aus. Differenzieren sich die Jagdstrategien zwischen den verschiedenen Beutegreifern, kann einem auszuweichen bedeuten, einem anderen in die Fänge zu geraten. Zum Beispiel kann durch den Rückzug in Dickungen (wegen des Wolfes) dort der Luchs auf Rehe und anderes Wild warten. Sind die Strategien jedoch gleich oder ähnlich, zum Beispiel, dass Mensch und Wolf besser in offenen Landschaften jagen, ändert sich in diesem Bereich das Verhalten der Beute stärker. In diesem Fall führt dies zu Rückzug in dichtere Bestände oder höhere Lagen. 

Allerdings hat der Mensch einen viel größeren Einfluss auf die Beutetiere als die Beutegreifer selbst. Durch den Menschen und die Jagd wird das Verhalten der Rehe und anderer Wildarten viel stärker eingeschränkt. Der Tag-Nacht-Rhythmus des Schalenwildes kann sich in stark bejagten Gebieten verändern. Tagsüber sind sie nun wachsamer und verlagern ihre Aktivitäten zunehmend in die Nacht, was aber nicht ihrer natürlichen Biologie entspricht. Weiterhin werden die Tiere noch heimlicher und sind nicht mehr so häufig für den Menschen „erlebbar“. 

So kann es sein, dass der Mensch auf die Vegetation einen größeren Einfluss hat als Wölfe oder andere Beutegreifer, zumindest in und während der Jagdsaison. Daraus lässt sich folgern, dass der Verbiss in Gebieten, die durch Jagd beeinflusst sind, was fast überall der Fall ist, auch vom Menschen abhängt. Eine Verringerung des Verbisses kann durch gezielte Jagd erreicht werden, wenn in den Gebieten die Population konstant gehalten werden kann und die Beutegreifer häufig weibliche und junge Tiere erlegen. Allerdings ist das schwierig, da die meisten Jäger nicht ganz so effektiv sind wie Beutegreifer. Zwar können nicht sofort Veränderungen festgestellt werden, wenn die großen Beutegreifer zurückkommen, da Bäume lange Zeit zur Entwicklung brauchen. Es kann aber durchaus gesagt werden, dass Beutegreifer positive Effekte auf die Verjüngung in Waldgebieten haben können. 

Wilddichte: damals und heute

Genaue Zahlen von Wildtierpopulationen lassen sich nicht ermitteln. Es können nur ungefähre Zahlen geschätzt werden, wobei unterschiedliche Methoden verwendet werden können. Zum Beispiel durch Hochrechnungen basierend auf der Zahl der erlegten Individuen, durch die sogenannte Scheinwerfertaxation oder durch Losungskartierungen. 

Wilddichte und Jagd damals

Früher waren die Wilddichten nicht so hoch wie in heutigen Zeiten und die Jagd hatte meist einen anderen Stellenwert. In der Frühzeit wurde Wild hauptsächlich als Nahrungsquelle zum Überleben verwendet. Die Menschen hingen mehr oder weniger vom Jagderfolg ab und verwendeten auch Felle, Sehnen und Knochen der erlegten Beute. Zwar gab es damals noch keine Feuerwaffen, doch verfügten die Menschen über diverse Jagdtechniken und -methoden. Schnelles Wild zum Beispiel wurde in den Abgrund getrieben und wehrhaftes Großwild wurde mit Fallen gefangen und mit Speeren oder Steinen getötet. Durch das Sesshaftwerden änderte sich dieses Verhalten. Das Wild wurde durch Weidevieh ersetzt, was einfacher zu halten und zu töten war. Das Wild wurde nun auch als Konkurrenz um die Kulturfrüchte wahrgenommen.

In der Antike und im Mittelalter wurde die Jagd dann zu einem männlichen Ritual. Außerdem änderten sich mit dem Feudalismus die Jagdrechte. War es davor noch jedem erlaubt zu jagen, wurde dies nun beschränkt und auch unter den verschiedenen Tierarten unterschieden. Auf Hochwild wie Wildschwein oder Rothirsch hatten nur der Hochadel Zugriff. Wildreiche Wälder wurden von den Königen beansprucht und sie verhängten ein Jagdverbot in diesen. Auf das Niederwild wie Reh, Hase und Fasan, hatte der niedrigere Adel Anspruch. Durch diese Änderungen bedingt sich das heutige Jagdrecht noch immer in grundlegenden Dingen. Aufgrund des „Jagdfiebers“ des Hochadels wurden damals schon die Wilddichten in ganzen Wäldern dezimiert. Im 17. und 18. Jahrhundert erreichte die Jagd den Höhepunkt. Jagdschlösser wurden errichtet und meistens galt die Jagd dann als Hobby für die höheren Ränge. Die Bürgerkriege änderten die Feudaljagd und gaben danach wieder allen Bürgern die Möglichkeit zur Jagd. Das Gesetz wurde so umgeändert, dass das Jagdrecht nun an Grund und Boden gebunden war. Dies gilt auch heute noch. So konnten nur die Eigentümer ab einer bestimmten Größe der Fläche das Wild darin jagen. Aber auch das führte dazu, dass die Grundherren das Wild stark dezimierten.

Erst eine Änderung der Gesetze, welche Tiere jagdbar sind und wer das Recht hat die Jagd auszuüben, änderte die Situation. Es wurden die Jagd- und Schonzeiten festgelegt, sowie die Pflicht zur Hege und Pflege. Außerdem wurde eine Jägerprüfung verpflichtend. Durch die Entwicklung der Trophäenjagd und der Hege und Pflege wurden die Wildbestände immer dichter. Da kräftige und prächtige Exemplare bei der Jagd gewünscht waren, wurde das Wild gefüttert und versucht auf einer Stelle zu halten, um den Bedingungen gerecht zu werden und den Jägern ein einfaches Spiel zu ermöglichen. Das Wild vermehrte sich. Häufig wurde hier auch nicht effektiv gejagt oder die zu wenig erlegt, um den Wildbestand in der Balance zu halten. So wuchsen die Bestände immer mehr an. 

Wilddichte und ökologische Jagd heute 

Heute umfasst die Jagd im besten Fall vor allem naturschutzfachliche Aspekte. Der Schutz des Waldes sowie der Artenschutz stehen im Vordergrund. Somit unterliegt die Jagd dem Wandel der Zeit: Von der Sicherung des Überlebens über die alleinige Nutzung zum Vergnügen bis hin zum Schutz des Waldes heute. Auch Stimmen, die eine „ökologische Jagd“ fordern, werden immer größer.

In der Ökologischen Jagd geht es darum, eine naturnahe Jagd und Waldbewirtschaftung zu ermöglichen. Außerdem liegt das Augenmerk auch auf der Biodiversität von Pflanzen und Tieren. Es soll ein Wechsel stattfinden von einer eher die Arten betrachtenden Jagd hin zu einer, in der die Biotope gesehen werden und alle Tiere den gleichen Stellenwert haben. Die natürlichen Prozesse in diesen Biotopen sollen durch die Jagd unterstützt werden und im Zentrum stehen und nicht nur das prächtigste Exemplar entnommen werden für die Trophäe zu Hause. Auch die Jagdstrategien sollen sich bei der ökologischen Jagd hin zu Gemeinschafts- und Intervalljagden entwickeln. Dadurch bekommt das Wild mehr Ruhezeiten und unterliegt allgemein weniger Stressfaktoren. So kann es wieder zu natürlichen Tag-Nacht-Rhythmen kommen und das Wild traut sich auch tagsüber aus den Einständen. Durch die Jagdzeiten haben sich viele der Aktivitätszyklen verschoben und in die Nacht verlegt, da die Nacht üblicherweise weniger Stress und menschliche Aktivität bedeutet. Auch wenn das natürliche Verhalten des Wildes tagaktiv wäre. 

Welche Lösungsansätze es schon gibt

Durch Vergleichen der Jagdstatistik kann ermittelt werden, dass die Abschusszahlen der meisten Tiere immer mehr ansteigen. Natürliche Schwankungen bleiben auch hier nicht aus, aber die Zahlen sind eindeutig. Vor allem das Schalenwild, hauptsächlich Reh- und Schwarzwild, verzeichnet steigende Zahlen. Allerdings fallen einige Zahlen auch, so wie beim Rebhuhn oder dem Feldhasen. Natürliche Schwankungen kommen vor allem bei kalten Winter- oder Frühjahrswetter mit Regen vor oder durch den Ausbruch von Krankheiten. Allerdings wird gegen diese Schwankungen „gearbeitet“, so zum Beispiel wird im Winter das Wild häufig gefüttert. 

Konfliktpotenziale

Der häufigste Konflikt diesbezüglich liegt zwischen der Wilddichte und dem Wald. In diesem Hinblick wird vor allem der Verlust des Waldes und der Waldverjüngung in den Vordergrund gestellt. Bei zu hohen Wilddichten kann es zuviel Verbiss kommen. Regional kann dieser sogar so stark sein, dass die Naturverjüngung nicht mehr ohne Zutun ausreicht. So müssen auf diesen Flächen Jungpflanzen entweder einzeln geschützt oder eingezäunt werden oder die Jagd effektiver gestaltet werden, um den Jungpflanzen eine Chance zu geben. Wenn die Dichte wieder so ausbalanciert ist, dass sich der Wald selbst regenerieren kann, sollte auch die Jagd wieder angepasst werden. Generell sollte aber das Gesetz die Rahmenbedingungen liefern und eine nachhaltige Jagd stattfinden, die den Wald und die Tierarten schützt. 

Ein gutes Wildtiermanagement mit dem Einbeziehen aller relevanten Akteure kann hierbei eine Lösung sein. Um die Probleme in den Griff zu bekommen, muss das nicht automatisch mehr Jagd bedeuten, sondern kann auch auf der Zusammenarbeit von zum Beispiel Forst- und Landwirtschaft sowie Naturschutz liegen. 

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Straßenbau verändert Waldzustand und beschleunigt Klimawandel

Straßen sind essentiell für die Fortbewegung des Menschen. Sie haben uns ermöglicht Land zu erschließen, das sonst schwer zugänglich gewesen wäre. Gleichzeitig stellen sie jedoch eine erhebliche Bedrohung für die Tierwelt dar, da sie deren Fortbewegung eingrenzen und das Risiko von Straßenkollisionen besteht. Straßenbau wirkt sich auch stark auf angrenzende Wälder aus, indem nicht nur eine physische, sondern auch eine thermische Fragmentierung der Landschaft verursacht wird. Eine Straße beeinflusst die mikro-klimatischen Bedingungen in ihrer Umgebung, was zu einem Temperaturanstieg führt. Dies kann verheerende Auswirkungen auf die Bäume haben und wird höchstwahrscheinlich durch den Klimawandel beschleunigt. Aber wie ernst ist die Situation wirklich?

Forschungsdisziplin Straßenökologie

Straßen fragmentieren die Erdoberfläche in mehr als 600.000 Teile. Für Europa bedeutet dies, dass 50% der Oberfläche des Kontinents nur 1,5 km von einer Straße oder Eisenbahn entfernt sind, während der Rest der Oberfläche 10 km von einer Straße entfernt ist. Daher ist es nicht verwunderlich, dass ein großer Teil der natürlichen Lebensräume, inklusive Wälder, von den Auswirkungen von Straßenbau betroffen ist.

Die Straßenökologie beschreibt die Forschungsdisziplin, die die Auswirkungen von Straßen auf die Umwelt untersucht. Der Kern der Disziplin besteht darin, dass das Mikroklima eines Standorts von der Struktur seiner Oberfläche abhängt. Haben Sie sich jemals gefragt, warum sich ein heißer Sommertag in der Natur viel kühler anfühlt als in einer Stadt? Oberflächen die von Vegetation bedeckt sind, insbesondere von Wäldern, wirken kühlend, während sich verbaute Gebiete wie Städte schneller erwärmen. Um zu verhindern, dass sich Städte zu stark erwärmen, ist grüne Infrastruktur wichtig. Bäume verdampfen Wasser, das die Umgebung sofort abkühlt. Gleichzeitig absorbieren sie CO2, was zur Verringerung der Klimaüberhitzung beiträgt.

Dieser Kühlungseffekt wird durch den Bau von Straßen verringert. Sie verändern das Mikroklima in ihrer Umgebung, was zu einem Temperaturanstieg führt. Dies kann verheerende Auswirkungen haben, insbesondere auf Waldränder.

Mikro-klimatische Bedingungen mit großem Effekt

Die Veränderung des Mikroklimas kann zu einer Zunahme der Wasserverdunstung, des Hitzestresses, der Baumsterblichkeit und des Waldbrandrisikos führen. Dies wirkt sich wiederum auf die Grundwasserressourcen und die Widerstandsfähigkeit der Bäume gegenüber dem Klimawandel aus. Eine Studie im deutschen Oberhessen bestätigte diese Auswirkungen im Zuge einer Analyse der Umweltauswirkungen eines geplanten Autobahnbaus. Die Studie kam zu dem Schluss, dass die geplante Autobahn die Baumsterblichkeit erhöhen und dadurch den Kühlungseffekt des Waldes erheblich verringern würde.

Auswirkungen neu gebauter Straßen sind besonders extrem, da durch Abholzung Waldränder entstehen. Die Bäume entlang der Waldränder sind nicht an die neuen klimatischen Bedingungen wie erhöhte Sonneneinstrahlung, Wind und erhöhte Temperaturen gewöhnt. Das Ergebnis ist ein vermehrtes Sterben der Bäume, während der Wald sogar in eine negative Rückkopplungsschleife eintreten kann: die Beschädigung der Bäume und damit die Verringerung des Kühlungseffekts führt zu erhöhten Oberflächentemperaturen, was wiederum zu erhöhter Baumsterblichkeit führt, usw.

Straßen-freie Landschaften zur Eindämmung des Klimawandels

Der Fall in Oberhessen ist nicht einzigartig. Die ganze Welt und insbesondere Europa verlieren kontinuierlich Grünflächen durch den Bau von Straßen und anderen Oberflächenversiegelungen. Auf diese Weise verlieren wir viele Ökosystemdienstleistungen die diese Grünflächen bieten. Dazu gehören die Wasserspeicherungskapazität des Bodens, Kühlungseffekte des Waldes, die Absorption und Speicherung von CO2 und die damit verbundene Reinigung der Luft. Diese Dienstleistungen sind für die Eindämmung des Klimawandels und für das Wohlergehen der Menschen in städtischen Gebieten von entscheidender Bedeutung. Angesichts der Tatsache, dass die Natur aufgrund der bestehenden Fragmentierung der Landschaft durch Straßen und städtische Gebiete bereits einem immensen Druck ausgesetzt ist, stellt sich die Frage ob es nicht besser wäre ihren Bau zu reduzieren. Jedenfalls müssen die ökologischen Auswirkungen des Straßenbaus auf die Wälder zukünftig vermehrt berücksichtigt werden, damit diese so gut wie möglich erhalten werden können.

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EU Forestry Strategy: Bestimme über die Zukunft der Wälder Europas mit!

Im Rahmen des Europäischen Green Deal hat die Kommission eine neue Forestry Strategy (Waldstrategie) angekündigt. Diese baut auf die geplante Biodiversitätsstrategie auf und soll sich auf die verschiedenen Aspekte des Waldes und dessen zahlreiche Dienstleistungen konzentrieren.

Die Kommission ruft die Bevölkerung noch bis 4. Dezember 2020 dazu auf, ihr Feedback zu der Strategie zu liefern. Das ist Ihre Möglichkeit, Ihren Ideen Gehör zu verschaffen und Herausforderungen und Probleme in ihrer Region zu teilen.

Die Strategie zielt darauf ab, gesunde und widerstandsfähige Wälder zu gewährleisten, die zur biologischen Vielfalt, zur Eindämmung des Klimawandels, und zur Sicherung von Lebensunterhalten beitragen. Gleichzeitig soll sie eine Kreislaufwirtschaft im Forstsektor unterstützen. Der Schwerpunkt liegt vor allem auf dem Schutz des Waldes, dessen Restauration und der EU-weiten nachhaltigen Bewirtschaftung.

Die Länder der EU und ihre Bevölkerung sind so verschieden wie ihre Wälder. Die Forestry Strategy wird einen Rahmen bieten, EU Fördermittel effizient zu vergeben und idealerweise Regionen und Wälder fördern, die die Unterstützung am nötigsten haben. Deshalb ist es vor allem wichtig, dass erfahrene Förster und Experten ihre Visionen zu der Strategie beitragen.

In der folgenden Webseite können sie ihr Feedback abgeben:

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Schädlinge im Wald

Was macht einen „Schädling“ überhaupt zu einem Schädling? Und welche Auswirkungen haben sie auf Ökosysteme? Der Begriff „Schädling“ ist ein rein anthropozentrischer, weil sich dieser Begriff vor allem auf Schäden in der Wirtschaft bezieht, oft gepflanzte Monokulturen betrifft und noch dazu oft durch anthropogen eingeschleppte „Schädlinge“ verursacht wird.

Zum Nachlesen: Nature.org

Wald- und Forstschädlinge

Waldschädling oder auch Forstschädling werden Tiere, Pflanzen, Mikroorganismen und Pilze genannt, die negative Auswirkungen auf die Fauna, hier im speziellen das Waldökosystem, haben. Die Schädlinge beeinflussen das Wachstum, aber auch die Gesundheit der Bäume nachhaltig. Bekannte Schädlinge sind z.B. verschiedene Arten des Borkenkäfers, andere Schadinsekten wie der Eichenprozessionsspinner, Mäuse, Wild und Pilze.

Meist haben Schädlinge nur dann eine negative Wirkung, wenn sie in Massen vorkommen. Dies kann zyklisch – oft im Abstand einiger Jahre – passieren oder auch spontan, wenn optimale Bedingungen vorliegen. Spontane Vermehrung kann durch gute Reproduktionsbedingungen, das Fehlen von (natürlichen) Gegenspielern oder ein Überangebot an Nahrung, meistens in Monokulturen, ausgelöst werden. Dann kann es vorkommen, dass Arten in Massen auftreten und Schäden an den Bäumen entstehen.

Die Kategorie Schädling ist eine durch den Menschen definierte Kategorie, die sich rein danach richtet, was als schädlich für die Forstwirtschaft angesehen wird. Insekten machen den Großteil der so genannten Schädlinge aus. Zwar schwächen viele Insekten die Bäume, in denen sie leben, sodass sie im schlimmsten Fall im Zuge des Befalls absterben. Doch dies sind natürliche Prozesse, die so schon immer ablaufen. Erst durch den Menschen kriegen sie eine Bewertung, da Waldbesitzer ein Massensterben oder Schäden an Bäumen nicht gerne sehen, da dadurch ein Wertverlust entsteht.

Auf der anderen Seite sind viele der von Menschen gepflanzten Forste prädestiniert für Schädlingsvermehrung. Monokulturen machen den Borkenkäfern die Vermehrung einfach und bieten ihnen ein Festmahl. Und auch Pilze können sich so optimal auf der vorhandenen Baumart ausbreiten. Und auch abiotische Schadfaktoren, wie zum Beispiel Stürme, haben es in Monokulturen einfacher, Schaden anzurichten. Andere Baumarten, die solche Ereignisse abpuffern könnten, sind in den Wäldern häufig nicht vorhanden oder nicht in einem Maße, wie es eigentlich gut wäre.

Was kann gegen sie getan werden?

Natürliche Gegenspieler der Schädlinge sind meistens andere Insekten, die sich von ihnen ernähren und sie so einem geringen Level halten. Wenn sich die Schädlinge stark vermehren, vermehren sich auch die Gegenspieler stärker, da ein größeres Nahrungsangebot vorhanden ist. So halten sich die Zahlen der Schädlinge und Nützlinge normalerweise beiderseits im Gleichgewicht. Auch Vögel ernähren sich teilweise von den Schädlingen, spielen aber meistens keine große Rolle.

Außerdem können sich die Bäume oft selbst gegen die Schädlinge zur Wehr setzen. Eine undurchdringliche Rinde oder die Produktion von abschreckenden oder giftigen Stoffen, vor allem im Harz, schützt gesunde Bäume. Andere Gegenspieler zur Eingrenzung der Schadinsekten können Krankheiten sein. Wenn die Zahl der Schädlinge explosionsartig zunimmt, können sich auch Krankheiten innerhalb der Population schnell verbreiten. Andere Faktoren greifen oft erst, wenn der Schaden entstanden ist. Wenn viele Bäume sterben, entsteht ein Nahrungsunterangebot oder die Schädlinge finden keine neuen Bäume zum Nisten.

Neue Bedrohungen – nicht mehr „nur“ der Borkenkäfer

Durch den globalen Handel wird die Einwanderung von Schädlingen enorm begünstigt und so steigt die Zahl der nicht heimischen Schädlinge zunehmend an. Durch den Klimawandel und mildere Winter gelingt ihnen zunehmend auch die Etablierung in nördlicheren Regionen. Die Schädlinge gelangen hauptsächlich aus Asien und Nordamerika zu uns, da dort ähnliche klimatische Bedingungen herrschen und ähnliche Wirtspflanzen vorhanden sind. Deswegen ist die Nahrungsgrundlage für Schädlinge gesichert, jedoch fehlen die Gegenspieler aus der Heimat gänzlich. So kommt es global zu der Verdrängung heimischer Arten sowie dem Absterben der Wirtspflanzen. Insbesondere der Wald ist davon betroffen, da etwa ein Drittel der eingeschleppten Insekten Bäume befallen. Aber auch andere Gefahren wie Pilze und Viren werden eingeschleppt und bedrohen die heimische Fauna. Doch unsere Ökosysteme in Mitteleuropa, wie auch Ökosysteme im Allgemeinen sind nicht statisch. Da sich Ökosysteme natürlicherweise ständig wandeln und dynamisch sind, sind sie ebenso anpassungsfähig.

Auch die Globalisierung macht es den Schädlingen einfacher. Zum Beispiel werden sie über Palettenholz in neue Länder eingeführt. Dort fehlen oft Faktoren und Gegenspieler, die die Ausbreitung verhindern würden. So können neu ankommende Schädlinge großen Schaden anrichten, wenn sie günstige Bedingungen vorfinden. So kommt zu Massensterben, wenn neue Schädlinge auftauchen und heimische Pflanzenarten können verdrängt werden.

Betroffen sind oft zunächst Stadtareale, da dort importiertes Holz ankommt, mit dem neue Schädlinge in neue Gebiete gelangen. Von dort ausgehend breiten sich die Schädlinge immer weiter aus und treffen früher oder später auf den Wald. Da dieser in den letzten Jahrzehnten durch künstliche Monokulturen und standortsfremde Baumarten verändert wurde und somit anfälliger ist, haben ankommende Schädlinge ein leichtes Spiel.

Wie können wir vorbeugen?

Zum einen lassen sich durch strengere Importkontrollen Schädlinge finden und beseitigen. Abhilfe könnten hier zum Beispiel speziell trainierte Hunde bieten. Sie können die Schädlinge, nachdem man sie darauf trainiert hat, erschnüffeln. So werden in Baumschulen Hunde zur Erkennung des Asiatischen Laubholzbockkäfers eingesetzt. Findet der Vierbeiner einen Käfer, so muss die Baumschule geschlossen werden, kann aber „Bekämpfungsmaßnahmen“ gegen ihn einsetzen. Dies kann in einigen Fällen Sicherheit bieten, ist aber kein totaler Schutz.

Zum anderen kann importiertes Holz einer Schadstoffbehandlung ausgesetzt werden. Dies kann entweder physikalisch geschehen, indem das Holz mit hochenergetischer Strahlung behandelt wird, so wie es auch bei manchen Lebensmitteln eingesetzt wird. Oder das Holz wird chemisch mit Insektiziden behandelt. Beides tötet im Idealfall Schädlinge ab ohne Rückstände im Holz zurück zu lassen. Diese Methoden sind aufgrund möglicher ökologischer Schäden jedoch umstritten. Dazu kommt, dass auch sie keine hundertprozentige Sicherheit bieten. Dafür gibt es zu viele andere Wege für Schädlinge in ein neues Land zu gelangen.

An den jeweiligen Standort angepasste Wälder mit eine naturnahen Baumartenzusammensetzung, beugen jedoch langfristig Schäden vor. Denn besonders anfällig sind Fichten- und Kiefern-Monokulturen, die auf ungeeigneten Standorten wachsen. Die Fichte beispielsweise nutzt nur das Wasser aus oberen Bodenlagen und trocknet so den Boden während Dürreperioden schnell aus. Der Borkenkäfer hat dann leichtes Spiel mit der bereits geschwächten Fichte und kann ganze Bestände gefährden. Die Fichten mit Laubbäumen zu mischen, wäre eine Maßnahme für die Zukunft, erfordert jedoch Zeit und geht mit einem Verlust des Holzertrags einher. Denn wachsen langsamer und produzieren so weniger Holz. So kann man seine Bestände durch einen stabilen Mischwald aber durchaus schützen. Nicht nur vor Schädlingen, sondern auch vor Waldbränden und anderen Gefahren.

Zu den am meisten gefürchteten Waldschädlingen in Mitteleuropagehören zur Zeit der Asiatische Laubholzbockkäfer (Anoplophora glabripennis) und der Zitrusbockkäfer (Anoplophora chinensis). Diese gehören zu den sogenannten „Quaräntaneschaderregern“. Das bedeutet es wird alles unternommen, um ihre Ausbreitung zu verhindern.

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Was ist die Antwort auf das Waldsterben?

Nach den Katastrophenjahren 2018 und 2019 für den mitteleuropäischen Wald ist klar, dass wir eine Antwort brauchen. Besonders betroffen war Deutschland, wo deswegen seit spätestens letztem Sommer eine hitzige Debatte geführt wird, wie man den deutschen Wald auf die Zukunft vorbereiten kann. Alle Experten sind sich einig, dass die Hitze- und Dürrewellen zwar der Auslöser für das Waldsterben sind, die eigentliche Ursache für flächendeckende Brände, Krankheiten und Schädlingsbefall aber eine nicht standortgerechte Forstwirtschaft in den letzten Jahrzehnten ist.

Besonders die uniformen Kiefer- und Fichtenmonokulturen auf oft ungeeigneten Standorten werden kritisiert. Diese wurden seit dem zweiten Wetlkrieg gepflanzt, weil sie schnellen Ertrag versprechen und einfach zu bewirtschaften sind. Im Angesicht der Klimakrise ist jedoch klar, dass diese Monokulturen kein zukunftsträchtiges Modell sind.

Politik greift zu schneller Antwort

Die deutsche Politik war schnell eine einfache Antwort zu liefern: Aufräumen und Aufforsten! Dieser Ansatz bekämpft zwar kurzfristig das Symptom, aber nicht langfristig die Ursache. Statt überhetzt gepflanzten Monokulturen, die der nächsten Dürreperiode wieder zum Opfer fallen, brauchen wir einen Wald, der den Wetterextremen der Klimakrise gegnüber resilient ist.

Die Krux in der Fortwirtschaft sind die vielfältigen Interessen aus verschiedenen Richtungen. Für viele private Waldbesitzer und öffentliche Forstbetriebe ist Profitabilität immer noch die oberste Maxime. Sie befinden sich in Abhängigkeit von einem System, wo Wald als wirtschaftliches Vermögen angesehen wird und das auf möglichst viel Ertrag von möglichst billigem Holz ausgerichtet ist. Naturschützer hingegen fordern, die ökologische Bedeutung des Waldes in den Mittelpunkt zu stellen. Der Wald ist eine wichtigsten Komponenten im Kampf gegen die Klimakrise und erfüllt eine unendliche Vielfalt an ökologischen Funktionen. Als Antwort auf die Kimakrise fordern viele jedoch auch Holz vermehrt als Baustoff einzusetzen, da es im Gegensatz zu vielen anderen Baustoffen in der Produktion Kohlendioxid bindet statt ausstößt.

Wo sich die meisten einig sind, ist, dass der Forstsektor in Deutschland seit vielen Jahren vernachlässigt wurde. An vielen Stellen wurde so viel Personal gestrichen, dass der schon seit langem forcierte Waldumbau hin zu naturnahen Mischwäldern oft kaum vorankam. Zusätzlich beklagen Forschungsinstitute und Universitäten, dass Forschung zu einem zukunftsfähigen Wald in Zeiten der Klimakrise vernachlässigt wurde. Außerdem müsse erforscht werden, wie die Holzverwertung geändert werden könne, um eine naturnahe Bewirtschaftung profitabel zu machen. Deswegen wird jetzt gefordert, wieder mehr Personal einzustellen und neue Kapazitäten in der Waldforschung zu schaffen.

Kann der Wald die Antwort selbst liefern…

Experten, die die ökologische Funktion des Waldes in den Vordergrund stellen, haben zwei Kernforderungen: eine Neudefinierung der Nachhaltigkeit und mehr Vertrauen in die natürliche Regeneration des Waldes. Im Mutterland der Nachhaltigkeit wird kritisiert, dass der Begriff bis heute zu einseitig ausgelegt wird und sich nur auf die eingeschlagene Holzmenge bezieht. Die vielfältigen Ökosystemdienstleistungen und andere sozio-ökonomische Nutzen werden außer Acht gelassen.

Ausgehend von der Annahme, dass wir nicht genug darüber wissen, wie sich die klimatischen und biotischen Faktoren in den nächsten Jahrzehnten ändern werden, lehnen diese Experten übereilten Aktionismus als schnelle Antwort ab. Sie unterstützen eine natürliche Regeneration der zerstörten Waldflächen. Natürlich gewachsene Wälder hätten die größte Resilienz gegen Änderungen der Standortbedingungen. Zu einer natürlichen Regeneration gehört das Zurücklassen von Totholz im Wald und eine Reduktion des Wildbestandes oder Einzäunung von Regenerationsflächen, da in Deutschland ebenso wie in Österreich die Wilddichte durch unzureichende Jagd und zusätzliche Fütterung so hoch ist, dass sie die natürliche Verjüngung des Waldes einschränkt.

… oder müssen wir eingreifen?

Andere Experten stellen die Holzproduktion in den Vordergrund. Für sie ist die Antwort ein gezielter Waldumbau mit trocken- und hitzeresistenten Arten. Auch sie fordern, die Arten- und Altersstruktur im Wald vielfältiger zu gestalten und die Palette von eingesetzten Arten zu erweitern. Dabei setzen sie vor allem auf Baumarten aus Südeuropa, Zentralasien und Amerika, wo Dürre und Hitze normal sind. Seit einigen Jahren werden diese Bäume auf ihre Tauglichkeit in Mitteleuropa getestet, jedoch bleiben Fragen, wie sie sich auf die heimische Biodiversität auswirken.

Und was ist die langfristige Antwort? Hier sind sich viele Experten einig. Wir brauchen eine naturnähere Bewirtschaftung der Wälder und eine schonendere Holzernte. Das schützt Vielfalt, Boden und Wasser in Wäldern, was existenziell für ihre Resilienz gegenüber sich ändernden Klimaverhältnissen ist.

Waldsterben – wie hilft die Politik?

Schon in den 1980er Jahren wurde, auf Grund des sauren Regens, von einem Waldsterben berichtet und auch heute wird dieser Begriff wieder verwendet. Nun fällt auch häufiger der Begriff Waldsterben 2.0. Unsere Wälder wurden in naher Vergangenheit stark strapaziert. Durch die immensen Schäden und Stressfaktoren geht es dem Wald nicht besonders gut, wie zahlreiche Berichte erzählen. Trockenstress, Brände, Stürme und Borkenkäfer machen den vielerorts nur aus Nadelreinbeständen bestehenden Wäldern zu schaffen. Weitere Informationen finden sich auch in anderen hier erschienenen Postings und dem vorherigen Teil dieser Serie.

Von den insgesamt 11,4 Millionen Hektar bestockte Waldfläche, was ca. 32% der Gesamtfläche Deutschlands entspricht, sind laut Angaben des Bundesumweltamtes schon 180 000 Hektar zerstört. Das waren 70 000 Hektar mehr als zu Beginn angenommen wurde. Bei einer Waldfläche von 11,4 Millionen Hektar entspricht das einem Verlust von ungefähr 1,6%. Wie viel anfälliger die Wälder für die zukünftigen Herausforderungen sind, kann allerdings nicht gesagt werden. Auch ob die verbleibenden Wälder resilient sind oder nicht, bleibt abzuwarten.

Lösungen für das Waldsterben?

Was aber macht die Politik in diesem Thema? Insgesamt, so wurde es beschlossen, sollen 800 Millionen Euro für die Rettung des Waldes zusammenkommen. Der Bund stellt insgesamt 547 Millionen Euro für die nächsten vier Jahre zur Verfügung. Mit den Zuschüssen der Länder wird dann die Gesamtsumme erreicht. Es sollen Privatwaldbesitzer unterstützt werden, sowie Forstpersonal ausgebildet und die Wiederbewaldung der geschädigten Flächen in Gang gebracht werden.

Weiterhin möchte Bundesagrarministerin Julia Klöckner ein „Mehrere-Millionen-Bäume-Programm“ zur Aufforstung der Wälder. Damit möchte sie den Verlust der jetzt vorhandenen Flächen wieder ausgleichen. Das Geld soll allerdings nicht als Schadensersatz dienen, sondern zur Anpassung gegen den Klimawandel verwendet werden. Dabei sollen dem Klima angepasste Mischwälder auf den neuen Flächen entstehen. Auch sollen die Borkenkäferherde eingegrenzt und das Schadholz aus dem Wald geholt werden, um die Flächen dann bereit zur Aufforstung zu machen.