Was ist die Antwort auf das Waldsterben?

Nach den Katastrophenjahren 2018 und 2019 für den mitteleuropäischen Wald ist klar, dass wir eine Antwort brauchen. Besonders betroffen war Deutschland, wo deswegen seit spätestens letztem Sommer eine hitzige Debatte geführt wird, wie man den deutschen Wald auf die Zukunft vorbereiten kann. Alle Experten sind sich einig, dass die Hitze- und Dürrewellen zwar der Auslöser für das Waldsterben sind, die eigentliche Ursache für flächendeckende Brände, Krankheiten und Schädlingsbefall aber eine nicht standortgerechte Forstwirtschaft in den letzten Jahrzehnten ist.

Besonders die uniformen Kiefer- und Fichtenmonokulturen auf oft ungeeigneten Standorten werden kritisiert. Diese wurden seit dem zweiten Wetlkrieg gepflanzt, weil sie schnellen Ertrag versprechen und einfach zu bewirtschaften sind. Im Angesicht der Klimakrise ist jedoch klar, dass diese Monokulturen kein zukunftsträchtiges Modell sind.

Politik greift zu schneller Antwort

Die deutsche Politik war schnell eine einfache Antwort zu liefern: Aufräumen und Aufforsten! Dieser Ansatz bekämpft zwar kurzfristig das Symptom, aber nicht langfristig die Ursache. Statt überhetzt gepflanzten Monokulturen, die der nächsten Dürreperiode wieder zum Opfer fallen, brauchen wir einen Wald, der den Wetterextremen der Klimakrise gegnüber resilient ist.

Die Krux in der Fortwirtschaft sind die vielfältigen Interessen aus verschiedenen Richtungen. Für viele private Waldbesitzer und öffentliche Forstbetriebe ist Profitabilität immer noch die oberste Maxime. Sie befinden sich in Abhängigkeit von einem System, wo Wald als wirtschaftliches Vermögen angesehen wird und das auf möglichst viel Ertrag von möglichst billigem Holz ausgerichtet ist. Naturschützer hingegen fordern, die ökologische Bedeutung des Waldes in den Mittelpunkt zu stellen. Der Wald ist eine wichtigsten Komponenten im Kampf gegen die Klimakrise und erfüllt eine unendliche Vielfalt an ökologischen Funktionen. Als Antwort auf die Kimakrise fordern viele jedoch auch Holz vermehrt als Baustoff einzusetzen, da es im Gegensatz zu vielen anderen Baustoffen in der Produktion Kohlendioxid bindet statt ausstößt.

Wo sich die meisten einig sind, ist, dass der Forstsektor in Deutschland seit vielen Jahren vernachlässigt wurde. An vielen Stellen wurde so viel Personal gestrichen, dass der schon seit langem forcierte Waldumbau hin zu naturnahen Mischwäldern oft kaum vorankam. Zusätzlich beklagen Forschungsinstitute und Universitäten, dass Forschung zu einem zukunftsfähigen Wald in Zeiten der Klimakrise vernachlässigt wurde. Außerdem müsse erforscht werden, wie die Holzverwertung geändert werden könne, um eine naturnahe Bewirtschaftung profitabel zu machen. Deswegen wird jetzt gefordert, wieder mehr Personal einzustellen und neue Kapazitäten in der Waldforschung zu schaffen.

Kann der Wald die Antwort selbst liefern…

Experten, die die ökologische Funktion des Waldes in den Vordergrund stellen, haben zwei Kernforderungen: eine Neudefinierung der Nachhaltigkeit und mehr Vertrauen in die natürliche Regeneration des Waldes. Im Mutterland der Nachhaltigkeit wird kritisiert, dass der Begriff bis heute zu einseitig ausgelegt wird und sich nur auf die eingeschlagene Holzmenge bezieht. Die vielfältigen Ökosystemdienstleistungen und andere sozio-ökonomische Nutzen werden außer Acht gelassen.

Ausgehend von der Annahme, dass wir nicht genug darüber wissen, wie sich die klimatischen und biotischen Faktoren in den nächsten Jahrzehnten ändern werden, lehnen diese Experten übereilten Aktionismus als schnelle Antwort ab. Sie unterstützen eine natürliche Regeneration der zerstörten Waldflächen. Natürlich gewachsene Wälder hätten die größte Resilienz gegen Änderungen der Standortbedingungen. Zu einer natürlichen Regeneration gehört das Zurücklassen von Totholz im Wald und eine Reduktion des Wildbestandes oder Einzäunung von Regenerationsflächen, da in Deutschland ebenso wie in Österreich die Wilddichte durch unzureichende Jagd und zusätzliche Fütterung so hoch ist, dass sie die natürliche Verjüngung des Waldes einschränkt.

… oder müssen wir eingreifen?

Andere Experten stellen die Holzproduktion in den Vordergrund. Für sie ist die Antwort ein gezielter Waldumbau mit trocken- und hitzeresistenten Arten. Auch sie fordern, die Arten- und Altersstruktur im Wald vielfältiger zu gestalten und die Palette von eingesetzten Arten zu erweitern. Dabei setzen sie vor allem auf Baumarten aus Südeuropa, Zentralasien und Amerika, wo Dürre und Hitze normal sind. Seit einigen Jahren werden diese Bäume auf ihre Tauglichkeit in Mitteleuropa getestet, jedoch bleiben Fragen, wie sie sich auf die heimische Biodiversität auswirken.

Und was ist die langfristige Antwort? Hier sind sich viele Experten einig. Wir brauchen eine naturnähere Bewirtschaftung der Wälder und eine schonendere Holzernte. Das schützt Vielfalt, Boden und Wasser in Wäldern, was existenziell für ihre Resilienz gegenüber sich ändernden Klimaverhältnissen ist.

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