Urwälder in der Slowakei wird durch neues Naturschutzgebiet geschützt

Old Growth Forests of Slovakia ist der offizielle Name eines neuen Naturschutzgebiets, das von der slowakischen Regierung im November 2021 genehmigt wurde. Es wird derzeit ungeschützte oder unzureichend geschützte Urwälder und natürliche Wälder an 76 Standorten mit einer Fläche von fast 6 500 Hektar umfassen.

Zum Nachlesen: Nature.org

Eine erfolgreiche Petition

Im September 2020 wurde dem slowakischen Umweltminister Ján Budaj eine Petition mit 30.000 Unterschriften vorgelegt, mit der der WWF Slowakei und die NGO Prales die Ausrufung des Schutzgebiets für Urwälder unterstützten. Die Petition war der letzte Schritt in den langfristigen Bemühungen der Organisationen um den Schutz der verbleibenden Urwälder in der Slowakei. Die Bemühungen der NGOs hatten jedoch bereits Jahre zuvor mit der Kartierung und Identifizierung von Urwäldern begonnen und wurden durch zahlreiche Verhandlungen und die Vorbereitung des Schutzantrags selbst fortgesetzt.

“Als der WWF Slowakei 2017 in die Verhandlungen zum Schutz von Altwäldern in der Slowakei eintrat, war das Thema für viele Förster oder Beamte unzugänglich. Da wir jedoch in unseren Bemühungen nicht nachließen, stellte sich 2019 der erste Erfolg ein, als eine neue Änderung des Forstgesetzes es Waldbesitzern und -verwaltern ermöglichte, alte Wälder in ihrem Besitz auf freiwilliger Basis zu schützen. Der weltweite Verlust an biologischer Vielfalt, den wir derzeit erleben, ist der größte und schnellste aller Zeiten. Daher glaube ich, dass niemand daran zweifelt, dass die alten Wälder in der Slowakei einen angemessenen Schutz verdienen”, sagt Miroslava Plassmann, Direktorin des WWF Slowakei.

Kartierung von Urwäldern als Ausgangsbasis


Die Kartierung der Urälder dauerte von 2009 bis 2015 und ergab, dass in der Slowakei noch 10.180 Hektar Urälder vorhanden waren. Davon war ein Drittel ungeschützt oder unzureichend geschützt. Daher haben Prales und der WWF Slowakei einen Vorschlag für die Einrichtung eines Naturschutzgebietes im Jahr 2018 ausgearbeitet. Nach mehreren Verhandlungen mit dem staatlichen Unternehmen Forests of Slovak Republic (LESY SR) wurde eine öffentliche Zusage erreicht, dass die Förster bis zur endgültigen Entscheidung über den Vorschlag nicht in die als Teil des vorgeschlagenen Naturschutzgebiets ausgewiesenen Gebiete eingreifen werden.

Schließlich genehmigte die slowakische Regierung die Einrichtung des Naturschutzgebiets am 3. November 2021. Das Naturreservat “Old Growth Forest of Slovakia” wird am 1. Dezember 2021 Wirklichkeit werden. Es wird 76 staatliche Waldgebiete in verschiedenen Teilen der Slowakei mit einer Gesamtfläche von 6.462,42 Hektar umfassen.

Mit dieser Entscheidung leistet die Slowakei einen Beitrag zu den Zielen der Karpatenkonvention und der EU-Biodiversitätsstrategie für 2030. Demnach sollen “alle verbleibenden Primär- und Altwälder in der EU streng geschützt werden“.

Eine Reflexion über vergangene und gegenwärtige forstwirtschaftliche Praktiken im Tatra-Gebirge – Teil 2

Eine augenöffnende Wanderreise

Um den Einfluss und das Ausmaß der menschlichen Waldausbeutung und die Auswirkungen des Weidedrucks vollständig zu verstehen, brauchte ich Erfahrungen aus der Praxis. Ich konzentrierte mich darauf, Gebiete zu erkunden, in denen die Auswirkungen der menschlichen Ausbeutung auch nach mehreren Jahrhunderten noch sichtbar sind, und gleichzeitig kleine Fragmente wilder Wälder zu besuchen, die irgendwie vom menschlichen Druck verschont geblieben sind. Diesen Kontrast zu sehen und zu studieren, verschaffte mir unschätzbare Erfahrungen und Kenntnisse. Es war wie eine Reihe von Reisen in historische Gebiete. Eine Ära, in der der Großteil des bewaldeten Landes keine Straßen hatte, keine Abholzung und keine Beweidung existierte. Selbst Jäger nutzten das Land nur selten. Lassen Sie mich eine Geschichte mit Ihnen teilen, um zu veranschaulichen, was ich meine: 

Ich war zu Fuß in einem abgelegenen Tal im nördlichen Teil der Slowakei unterwegs, in einer Region, in der die Karpaten die höchsten Gipfel erreichen. Ich war auf dem Weg ins Tatra-Gebirge. Um an diesen wilden Ort zu gelangen, war es eine anspruchsvolle Reise. Ich war auf dem Weg in die Wildnis, wo es fast keine Anzeichen menschlicher Aktivitäten gab. 

Der untere Teil des Vorgebirges, den ich durchwanderte, war von einem von Menschen angepflanzten, von Fichten dominierten Wald bedeckt. Hier waren die Auswirkungen der fortlaufenden Forstwirtschaft sehr sichtbar. Das flache Land mit einem Rest eines mäandrierenden Flusses (ein bedeutender Teil war bereits kanalisiert) erleichterte den Zugang für die Einheimischen schon vor mehreren Jahrhunderten. Dieses Land bot Holz, begrenztes Weideland und Wildbret. In jüngster Zeit wurde in diesem Gebiet ein Netz von unbefestigten Straßen entwickelt, Flüsse wurden modifiziert, Brücken wurden gebaut. In der Folge nahm die Ausbeutung in den letzten Jahrzehnten deutlich zu. Der kleine Canyon vor mir hielt Förster und Holzfäller vorübergehend auf. Weiter führte nur noch ein schmaler Pfad zu den Bergen am Horizont. Bis zur Mündung des Tals, das ich ansteuerte, waren es noch mehrere Kilometer. 

Im Tal angekommen, wanderte ich mehrere Stunden durch dichten Wald mit vielen riesigen stehenden und umgestürzten Bäumen, Sümpfen und einem Netz von kleinen Flüssen und Bächen. Das Gelände begann anzusteigen und das Vorankommen wurde sehr langsam. Der schmale Pfad war oft durch umgestürzte Bäume und eine wachsende Anzahl von Felsen blockiert. Dieser Teil des Pfades muss regelmäßig gesäubert und umgestürzte Bäume gefällt worden sein, um die Begehbarkeit des Pfades zu erhalten. Aber auch so verlangsamten Totholzhaufen mein Vorankommen und verursachten manchmal Umwege, um Totholzhaufen oder schlammige und nasse Stellen zu umgehen.

Schließlich erreichte ich die Stelle, an der ich beschloss, zu übernachten. Es war eine kleine Höhle, die auch bei Regen trockenen Schutz bot. Ein kleiner Bach in der Nähe bot Trinkwasser und eine kleine Schwemmlandwiese einen Ausblick auf die umliegende Landschaft. Hinter der Wiese fand ich mehrere Tage alten Bärenkot und seine Spuren am Stamm einer jungen Fichte. Offensichtlich hatte ich sein Reich betreten. 

Am nächsten Morgen erreichte ich nach mehrstündigem Wandern und Klettern an steilen Hängen die Baumgrenze und die Aussicht wurde mit jedem Schritt besser. Noch ein paar Kilometer weiter und der Weg verwandelte sich in einen grasbewachsenen Pass, der zwischen steilen Felskämmen eingezwängt war. Erst am Tag zuvor war ich in einem wilden Wald mit spektakulären Bäumen in der Umgebung gewesen, jetzt staunte ich über einen schmalen Pass hoch über der Baumgrenze.  Das Panorama jenseits des Passes war schockierend. Es bot zwei Perspektiven der Natur und des Lebens: Hinter mir lag das Tal, das ich bereits erwandert hatte, wie ein Fenster zur wilden Vergangenheit und vor mir ein Fenster zur Gegenwart.

Ein Fenster zu einer wilden Vergangenheit

Es war schockierend, den Unterschied in der Zusammensetzung und Struktur der Baumgrenze zu sehen. Das Tal hinter mir bot ein hervorragendes Beispiel für eine fast natürliche, unbeschädigte und sehr dynamische Baumgrenze. Die Komplexität eines mehrjährigen Waldes im Tal hinter mir, der wie große grüne Wellen die steilen Berghänge hinaufkletterte, war enorm. Öffnungen waren nur an Stellen zu sehen, an denen Bruchstücke steiniger Moränen das Wachstum von Bäumen begrenzten, oder an kleinen Senken, die von Feuchtgebieten mit Gras und Moos bedeckt waren. 

Mit zunehmender Höhe verlor der Wald allmählich an Dichte und Höhe und wurde durch eine dichte Decke aus Latschenkiefern ersetzt. Diese niederliegende Kiefer bildete eine dichte, undurchdringliche Deckung. Nur einige hundert Meter weiter oben wurde dieser Latschenkiefernbestand immer mehr zersplittert und ging allmählich in Almwiesen über. Ich hatte Glück, denn es war Spätfrühling und so war diese Struktur und Vielfalt der Baumgrenzen-Ökosysteme gut sichtbar. Der Schnee war fast vollständig geschmolzen und die Almwiesen blühten in vielen Formen und Farben.

Im Gegensatz dazu: ein schockierendes Fenster zur Gegenwart

Auf der gegenüberliegenden Seite bot das Tal, das sich von meinen Füßen bis zum Horizont erstreckte, ein ganz anderes Panorama und eine ganz andere Geschichte. Die Waldhänge waren von einem Netz von Forststraßen durchzogen, die den Forstmaschinen und großen Lastwagen den Zugang bis zum Ende des Tals ermöglichten. An einigen Stellen durchbrachen die Straßen die Baumgrenze und setzten sich hoch oben auf den grasbewachsenen Hängen fort. Erosion und Erdrutsche wiesen auf Stellen hin, an denen unsachgemäße Straßenbautechniken schwere Schäden verursachten. Außerdem bildeten die von schweren Maschinen, die Holz für kommerzielle Zwecke abtransportierten, verursachten Straßen vertikale Verbindungen zwischen parallelen Straßen.

Außerdem konnte ich einen deutlichen Unterschied in der Struktur und Zusammensetzung der Baumreihe im Tal hinter und vor mir erkennen. Der erste Unterschied, der mir im Tal vor mir auffiel, war, dass die Baumgrenze mehrere hundert Meter niedriger war als im Tal, das ich gerade passierte. Ich wusste bereits, dass dies durch den Menschen in den vergangenen vier bis fünf Jahrhunderten als Folge der sogenannten traditionellen Nutzung der Bergwälder verursacht wurde. Diese traditionelle Nutzung bestand in der Abholzung der Baumgrenze, die wertvolles Holz produzierte und gleichzeitig Sommerweiden für die wachsende Zahl von Rindern und Pferden schuf. Mir fiel auch auf, dass die Baumgrenze sehr fragmentiert war. Was mich noch mehr überraschte, waren die fast vollständig fehlenden Bestände der Latschenkiefer. Diese Baumart ist in dieser Höhenlage von entscheidender Bedeutung, um Bodenerosion zu verhindern, den Wasserhaushalt auszugleichen und die Zahl der Lawinen im Winter deutlich zu reduzieren.

Können wir aus den Fehlern der Vergangenheit lernen?

Meine Erfahrungen während dieser Reise veranschaulichten die Geschichte nicht nur des Tatra-Gebirges. Sie war wie ein Symbol für die Ausbeutung der Wälder in ganz Europa, besonders in den Gebirgswäldern. Der Wald jenseits des Passes hat nicht nur in den letzten Jahrzehnten, sondern schon seit Jahrhunderten dramatisch gelitten. Ziemlich genau seit der Entwicklung der landwirtschaftlichen Praktiken und der dauerhaften Besiedlung durch den Menschen in Europa. Ich würde sagen, dass die aktuelle Herausforderung darin besteht, dass die Menschen die Tendenz haben, die Geschichte einfach zu vergessen oder zu ignorieren. Aber wir müssen verstehen und uns immer wieder daran erinnern, dass der menschliche Einfluss auf die Wälder seit früheren Jahrtausenden sehr drastisch war. Wir müssen die Lehren aus der Vergangenheit ziehen. Die Folgen der Ignoranz der Vergangenheit wirken sich auf unsere Zukunft aus. Diese Fallstudie im Tatra-Gebirge zeigte den Kontrast zwischen unbewirtschaftetem und intensiv bewirtschaftetem Wald in der Vergangenheit und Gegenwart und bot eine klarere Vision dessen, was durch die Wiederherstellung von Wäldern und die Annahme eines nachhaltigen, natürlichen Ansatzes möglich ist, von dem sowohl Menschen als auch der Wald langfristig profitieren.

Dieser Artikel wurde von Vlado Vancura, Forstwirtschaft und Wilderness Experte, auf Englisch verfasst und vom Projekt Team ins Deutsche übersetzt.

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Eine Reflexion über vergangene und gegenwärtige forstwirtschaftliche Praktiken im Tatra-Gebirge – Teil 1

Wälder sind essentiell für viele Ökosystemleistungen und Lebensraum für viele Arten. Außerdem absorbieren sie große Mengen an vom Menschen verursachten Kohlenstoffemissionen und sind daher besonders wichtig für die Mitigation des Klimawandels. Trotz der Bedeutung der Wälder nimmt der Abholzungsdruck in Europa kontinuierlich zu. Alarmierende Meldungen, dass die europäischen Wälder unter extremem Druck stehen, kommen aus verschiedensten Ecken Europas. Fast täglich bekommt man Berichte zu hören, dass irgendwo in Europa Wälder absterben oder abgeholzt werden. Der erste Auslöser, der dazu führt, ist meist ein großflächiger Windstoß, ein Feuer oder ausgiebiger Schneefall, der scheinbar gesunde Wälder gefährdet. Glücklicherweise verstehen aber immer mehr Menschen, dass die Wälder Europas unter extremem Druck stehen.

Die Wahrheit ist jedoch, dass die Wälder bereits seit mindestens vier bis fünf Jahrhunderten unter dem Einfluss des Menschen leiden. In einigen Teilen Europas, wie zum Beispiel im Mittelmeerraum, besteht dieser Druck sogar noch länger. Der Grund, warum der Mensch die Wälder systematisch an den Rand des Aussterbens treibt, liegt nicht nur darin, dass sie eine wertvolle Ressource, nämlich Holz, liefern, sondern ist auch seit jehermit der Geschichte des Menschen verbunden.

Eine persönliche Geschichte

Als ich jung war, betrachtete ich den Wald rund um meine Stadt als ein Stück wildes Land. Das änderte sich dramatisch, nachdem mein Urgroßvater, ein Förster, mir eine Geschichte erzählte. Er sagte mir, dass der Wald rund um meine Stadt früher viel wilder war und dass seit der Besiedlung der Gegend durch den Menschen Urwälder abgeholzt wurden, so dass nur in abgelegenen Ecken kleine Fragmente überlebt haben. Später lernte ich die wirkliche Bedeutung dieser Geschichten. Ich erfuhr am eigenen Leib, dass die Wälder rund um meine Stadt, in der Region, in der ganzen Slowakei und sogar in den Karpaten in den letzten Jahrhunderten stark ausgebeutet und beschädigt wurden.

Die Gründe dafür scheinen einfach zu sein: Holz dient dazu Häuser zu bauen und sie zu mit Holzkohle zu heizen, und die dadurch entstanden Flächen können genutzt werden um Gemüse anzubauen, Weiden für Nutztiere bereitzustellen, oder Mineralien abzubauen.

Fallstudie: grasen von Nutztieren in Wäldern hat negative Folgen

Weidetiere sind seit den Anfängen europäischer Siedlungen in den Bergen ein wesentlicher Bestandteil ihres Lebensunterhalts. Rinder, Pferde, Schafe und Ziegen streiften früher auf der Suche nach Nahrung frei umher, auch im Wald. 

Für Weidetiere sind Wälder eine reiche Nahrungsquelle. Interessanterweise erhöht sich das Nahrungsangebot in Wäldern durch bestimmte Waldbewirtschaftungsmethoden wie Durchforstung, Entfernung von Totholz und Holzernte erheblich. Durch das Entfernen von Bäumen und damit des Kronendachs kann mehr Licht den Waldboden erreichen. Diese neuen Bedingungen schaffen eine günstige Umgebung für Unterholzpflanzen wie Blumen und Sträucher, die eine gute Nahrungsquellen für Weidetiere darstellen. Nach langjähriger Forschung weiß man heute jedoch, dass die Beweidung im Wald negative Auswirkungen auf das Ökosystem hat.

Beweidung im Tatra-Nationalpark

Um die Auswirkungen der Beweidung auf die Wälder zu veranschaulichen, können wir einen Blick auf eine sehr interessante Fallstudie im Tatra-Nationalpark in der Slowakei werfen. Die Berge, die seit dem Zweiten Weltkrieg als Nationalpark geschützt sind, wurden über Jahrhunderte intensiv beweidet. Die ersten dokumentierten Anzeichen von Beweidung in diesem Gebiet stammen aus dem 16. Jahrhundert, aber erst im 18. Jahrhundert nahm der Druck auf den Wald enorm zu. 

Mit der Gründung mehrerer verstreuter Siedlungen rund um die Berge wurden auch Nutztierherden eingeführt und zunächst wahllos, später dann systematisch um die Dörfer herum getrieben. Aber allmählich, als der Waldum die Dörfer immer fragmentierter, abgeholzt und schließlich verbrannt wurde, beanspruchten die Herden zunehmend die Ausläufer und später die Hänge des zentralen Teils der Tatra berge. Schließlich streiften die Weidetiere frei in den Wäldern umher, die bereits durch Abholzung und Bergbau stark beeinträchtigt waren.

Der zweite Eingriff durch Beweidung in diesem Gebiet wurde von oben nach unten ausgeführt: von den Almwiesen bis hinunter zur Baumgrenze und tief in den Bergwald hinein. Vallachische Hirten besetzten mit ihren Herden Sommer für Sommer die alpine Zone und weideten zunächst die natürlichen Almwiesen oberhalb der Baumgrenze und später auch die vom Menschen geschaffenen Weiden intensiv ab. Darüber hinaus war es eine gängige Praxis die Baumgrenze aus Latschenkiefer und Fichten zu verbrennen und tausende Bäume zu fällen um ihre saisonalen Siedlungen, die entlang der Baumgrenze und in der Nähe der Wasserquelle lagen, zu bauen. 

Diese jahrhundertelangen Aktivitäten schädigten die Baumgrenze dramatisch. Im Durchschnitt sank die Baumgrenze um 150-200 m, an manchen Stellen sogar bis zu 300 m. Infolgedessen verschwanden die Zwergkiefern mit Fichtenwald in einigen Teilen vollständig, was zu einer Störung des Wasserhaushalts führte. Ohne Bäume, die den Boden schützen, erodierte das abfließende Wasser stark und beschädigte die Hänge, vor allem die steilen, und transportierte Tonnen von Erde und Steinen ins Tal. Eine weitere Folge der Waldrodung war die Bildung von Schneelawinen und die Zunahme von Überschwemmungen, die zu einer ernsthaften Bedrohung für die Täler wurden, in denen sich viele Siedlungen befanden. Die Menschen in der Region lernten und lernen auch heute noch schmerzhafte Lektionen über die Auswirkungen der unkontrollierten Beweidung. Obwohl 70 Jahre vergangen sind, seit die meisten Beweidungsaktivitäten im Tatra-Gebirge eingestellt wurden, sind die Folgen bis heute sichtbar.

Die Gründung des Tatra-Nationalparks

“Weidehaltung von Haustieren gehört nicht in den Wald”, war die grundlegende Forderung bei der Gründung des Tatra-Nationalparks. Ein engagiertes Team von Naturschützern (ein bedeutender Teil davon Förster) hat von Anfang an strikt darauf gepocht. In diesem Zusammenhang wurde das Landeigentum zu einer wesentlichen Angelegenheit der Parkvorbereitung. Auf beiden Seiten (Slowakei und Polen) des Tatragebirges wurde ein umfangreicher und geldintensiver Prozess zur Beseitigung der jahrhundertelangen häuslichen Beweidung eingeleitet.

Während einiger Jahrzehnte (zwischen den Weltkriegen) wurden Tausende und Abertausende von Hektar von den Regierungen aufgekauft und in die Verantwortung der staatlichen Forstwirtschaft übergeben. Obwohl der Zweite Weltkrieg diesen Prozess erheblich unterbrochen hat, hat die folgende kommunistische Revolution auf beiden Seiten der Grenze eine Dynamik geschaffen, als der grenzüberschreitende Park allmählich geschaffen wurde.

Nach der Verstaatlichung des Landes (1947) war der Landbesitz kein so heißes Thema mehr. Dennoch erhielten die Landbesitzer (lokale Gemeinden und Einzelpersonen) eine Entschädigung oder die Möglichkeit, das Land außerhalb der Parkgrenzen zu beweiden. Später setzte sich die Landverstaatlichung durch und die Entschädigung wurde eingestellt.

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Landverstaatlichung ein grundlegender erster Schritt war, der zur Schaffung von Nationalparks ohne künstliche Beweidung führte. In den folgenden Jahrzehnten wurde ein umfangreiches, in den gesamten Karpaten einzigartiges Waldbewirtschaftungsprojekt entwickelt und umgesetzt, um einen Wiederherstellungsprozess des Waldes durchzuführen. Besonderes Augenmerk wurde auf die Wiederherstellung der stark geschädigten Baumgrenze gelegt, wo jährlich Hunderte von Hektar wiederhergestellt wurden. Die Flächen wurden mit den einheimischen Baumarten wie Latschenkiefer, Zirbelkiefer, Fichte, aber auch mit Weide und Erle aufgeforstet, was die Erholung der Baumgrenze deutlich beschleunigte.

Allmählich begannen sich die in den vergangenen Jahrhunderten intensiv beweideten Flächen zu regenerieren und der Wald erlangte einen Teil seiner natürlichen Struktur zurück. Dank dieses Projekts wurde der Park zu einem Lernraum im Freien, nicht nur für Förster, sondern auch für die breite Öffentlichkeit, darunter auch Ausländer. Die Gebiete, die im vorigen Jahrhundert nicht unter der Weidenutzung litten, weil sie entweder zu abgelegen waren oder in steilen Hängen lagen, sind nun Gegenstand intensiver Forschung und Überwachung. Auch heute noch bieten diese Gebiete hervorragende Anschauungsmöglichkeiten, da sie zeigen, wie der Wald ohne äußere Einflüsse aussehen würde. So sind sie zu einem grundlegenden Element der Wiederherstellung von Bergwäldern in der gesamten Slowakei und den Karpaten geworden.

Dieser Artikel wurde von Vlado Vancura, Forstwirtschaft und Wilderness Experte, auf Englisch verfasst und vom Projekt Team ins Deutsche übersetzt.

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Online Konferenz: Hirtinnen in den Alpen

Wie ist es, den ganzen Sommer mit ihren Herden in den Bergen zu verbringen? Warum ist es für Gesellschaft und Natur so wichtig, das Hirtenwesen wiederzubeleben, wie es seit Hunderten von Jahren in ganz Europa praktiziert wird? Und wie hat sich schließlich der Beruf der Hirtin in den letzten Jahren oder Jahrzehnten verändert und was wird die Zukunft bringen? Diese und viele weitere Fragen werden während der Konferenz Hirtinnen in den Alpen – Einblicke in das Hirtenwesen am 5. November (14:00 – 18:00 Uhr) beantwortet.

Dieser spannende Nachmittag wird von dem Projekt LIFEstockProtect organisiert, welches das Hirtenwesen in die Projektaktivitäten integriert. Vier Hirtinnen aus Deutschland, Österreich und Italien geben dabei Einblicke in ihren Beruf:

  • Anna Huber (Deutschland): junge und motivierte Quereinsteigerin 
  • Barbara Crea (Italien): Hirtin und Landwirtin mit viel Herdenschutzerfahrung
  • Astid Summerer (Südtirol): Hirtin mit jahrelanger Erfahrung, auch Transhumanz
  • Christina Ziegerhofer (Österreich): Hirtenwesen angefangen durch Praktika und mittlerweile als Hauptberuf

Registrierung and Details

Nach dem Erfolg der ersten dreisprachigen Herdenschutzkonferenz im Januar 2021 wird diese Konferenz ähnlich aufgebaut sein: Das Online-Format und die Simultanübersetzung ins Deutsche, Italienische und Englische werden es allen ermöglichen, teilzunehmen, unabhängig davon, wo sie sich befinden. Außerdem wird es die Möglichkeit geben, jeder Referentin Fragen in diesen Sprachen zu stellen. Die Konferenz wird über ZOOM abgehalten und ist natürlich kostenlos, aber eine Anmeldung ist erforderlich. Die Anmeldung ist offen, das heißt Sie können sich Ihren Platz bereits sichern. Und vergessen Sie nicht, diesen Beitrag mit einem Freund oder Kollegen zu teilen!

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Wie steht es um die Schmetterlinge in Österreichs Wäldern?

Österreich ist eines der Länder Europas mit der höchsten Schmetterlingsvielfalt. Über 4.000 Schmetterlingsarten aus 78 Familien sind bekannt, davon sind 208 Tagfalter. Die Schmetterlingsvielfalt sinkt jedoch dramatisch, mehr als 50% sind bedroht, rund 15% stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht und etwa 2% sind bereits ausgestorben. Die größte Gefährdung für Schmetterlinge stellen der Verlust und die Veränderung ihrer Lebensräume dar.

Was bedroht den Lebensraum der Schmetterlinge?

Dies geschieht vor allem durch intensive Landwirtschaft, Aufforstungen und Verbauungen. Blumenreiche alpine Wiesen verschwinden, weil es traditionelle Praktiken wie die extensive Beweidung vielerorts nicht mehr gibt und in der Folge Nektarquellen von Büschen und Bäumen überwuchert werden. Natürliche Wälder, Heidelandschaften und kalkhaltige Wiesen gehen aufgrund zahlreicher Veränderungen in der Lebensraumbewirtschaftung verloren. Ursprünglich bildeten Lichtungen in Wäldern Brutstätten für viele Schmetterlinge, aufgrund intensiver Forstbewirtschaftung und aktiver Bepflanzung mit nicht heimischen Nadelbäumen sowie Monokulturen sind diese Waldlichtungen vielerorts bereits verschwunden.

Fichtenforste prägen in vielen Regionen Österreichs die Wälder. Sie werden nur von wenigen, oft forstwirtschaftlich relevanten Schmetterlingen besiedelt. Waldrandbereiche mit einer naturnahen Struktur einschließlich Gebüschen und blütenreichen Waldsäumen sowie Heckenzeilen sind für Tagfalter wichtige Lebensräume. Auch die weit verbreitete Zerstörung der Waldmantelgesellschaften sowie Entfernung von solitären Altbäumen und Totholz wirkt sich negativ auf die Schmetterlingsvielfalt in Waldbiotopen aus. Wälder jeglicher Art sind ein wichtiger Lebensraum für viele Nachtfalter, wobei eine hohe Artenvielfalt bei den Pflanzen und eine kleinräumig unterschiedliche Altersstruktur des Gehölzbestandes gleichzeitig eine Zunahme der Schmetterlingsvielfalt bedeuten.

Die meisten Schmetterlingsarten sind Bioindikatoren, die die Qualität bestimmter Lebensräume anzeigen. Sie reagieren sehr empfindlich auf bestimmte Umwelteinflüsse. Ihr Auftreten bzw. Fehlen oder ihr Verhalten gibt Informationen über bestimmte Standort- und Umweltbedingungen, wie zum Beispiel Nährstoffverhältnisse, Wasser- oder Luftverschmutzungen oder den pH-Wert. Vor allem auch in Siedlungsgebieten verschafft uns ihr Vorkommen oder Verschwinden ein Bild vom Zustand des vorhandenen Naturraums.

Diese Arten flattern im Wald

Viele einheimische Schmetterlingsarten sind auf Wald-Lebensräume angewiesen und können deshalb als „Waldtagfalter“ bezeichnet werden. Zu dieser Gruppe gehören einige der schönsten, aber auch geheimnisvollsten Schmetterlingsarten. Manche verbringen einen großen Teil ihres Lebens hoch oben in den Busch- und Baumkronen, gut versteckt vor menschlichen Blicken. Ab und zu verlassen diese Schönheiten jedoch die luftigen Höhen und lassen sich bei der Nahrungsaufnahme oder beim Sonnenbad beobachten.

Dazu gehören der Grosse und der Kleine Schillerfalter (Apartura iris und ilia), die vor allem in der Nähe von Gewässern und in Auwäldern anzutreffen sind. Der edle Blauschwarze Eisvogel (Limenitis reducta) lebt an temperaturbegünstigten, sonnigen Waldrändern und -lichtungen und an felsigen Orten mit Strauchbewuchs. Der sehr seltene Grosse Eisvogel (Limenitis populi) wird unter den Schmetterlingen auch als König des Waldes bezeichnet, weil er in Grösse, Schönheit und Seltenheit kaum von einer anderen Art überboten wird. Sein kleinerer Bruder, der Kleine Eisvogel (Limenitis camilla), ist dagegen weit verbreitet und lässt sich auch einfacher beobachten. Er ist ein fleissiger Blütenbesucher, obwohl auch er gerne an feuchten Waldstrassen oder am Rand von Pfützen Flüssigkeit und Nahrung aufnimmt. Schillerfalter und Eisvögel saugen nämlich gerne an Exkrementen, toten Tieren oder an Baumsäften. Deshalb lassen sich diese Arten auch leicht anlocken, zum Beispiel mit stark riechendem Käse.

Der Schwarze Trauerfalter (Neptis rivularis) lebt bevorzugt in der Nähe von Bächen und ist häufig in sonnendurchfluteten Waldschluchten anzutreffen. Auch der Trauermantel (Nymphalis antiopa) und der Grosse Fuchs (Nymphalis polychloros) sind Schönheiten, die noch manchmal die Wälder durchflattern.Beide Arten findet man auch ausserhalb des Waldes, z.B. in naturnahen Obstgärten. Der Blaue Eichen-Zipfelfalter (Neozephyrus quercus) kann nur mit viel Erfahrung in den Wipfeln von Eichen erspäht werden. Der etwa 1,5 cm große Falter sitzt oft minutenlang auf Eichenblättern herum, um dann kurz aufzufliegen und eine neue Position zu beziehen. Ein typischer Bewohner von lichten Wäldern und Waldrändern ist auch der Gelbringfalter (Lopinga achine). Die Art gehört europaweit zu den bedrohten Arten, mit relativ einfachen Maßnahmen wie etwa schonender Durchforstung lassen sich geeignete Lebensräume für ihn aufwerten.

Der häufigste Waldschmetterling ist, wie sein Name schon verrät, das Waldbrettspiel (Pararge aegeria), der pro Jahr mehrere Generationen bilden kann und dessen Raupen bei ihren Nahrungspflanzen nicht sehr wählerisch sind. Kaisermantel (Argynnis paphia), Veilchen-Perlmutterfalter (Boloria euphrosyne), Aurorafalter (Anthocharis cardamines) und Landkärtchen (Araschnia levana) sind ebenfalls Arten, die sich gerne in Waldfluren, Waldrändern und Waldlichtungen aufhalten. 

Mit wenig Aufwand zum Schmetterlingsparadies

Das Aufwertungspotenzial im Wald zugunsten der Schmetterlinge ist enorm. Mit verhältnismässig geringem Aufwand lässt sich sehr vieles erreichen. Die Ansprüche der jeweiligen Waldtagfalter sind sehr unterschiedlich, bei den allermeisten aber geht es um gute Besonnung des Waldbodens, also um größere Lichtungen und Schneisen. Unsere Wälder werden immer dichter und strukturärmer und die Lebensräume für Lichtwaldarten dadurch immer rarer. Denn seit Waldlichtungen kaum noch als Schaf- oder Ziegenweide genutzt werden, sind sie vielerorts verschwunden und mit ihnen die dort heimischen Schmetterlinge. Ein weiträumig isolierter Falterbestand sollte das Jahr über aus etwa 5.000 bis 10.000 Individuen bestehen, um langfristig überlebensfähig zu sein.

Um diese Größenordnung an Faltern zu erreichen, braucht man eine Vielzahl getrennter Einzelhabitate, die über eine größere Fläche gestreut sind. Das lässt sich dadurch erreichen, dass nicht nur einzelne Bäume oder Büsche, sondern ganze Gruppen mit verschiedenen Altersklassen stehen bleiben. Das Ergebnis dieser Bewirtschaftung sind halboffene, parkartig strukturierte Bestände, in denen nahezu alle Lichtwald-Falterarten vorkommen und ein genetischer Austausch zwischen den Populationen stattfinden kann. Sogenannte „Lichtlöcher“ in die Wälder zu schlagen hilft ebenso vielen heimischen, bereits gefährdeten Arten, diese Maßnahmen sollten regelmäßig in Zusammenarbeit von Naturschutz und Waldbewirtschaftern durchgeführt werden. Waldtagfalter, deren Raupen in der Krautschicht leben, können mit dem Anlegen von breiten Krautsäumen gefördert werden, die danach periodisch gepflegt werden müssen, damit sie nicht zu stark verbuschen. In der Regel werden die betroffenen Gebiete gemäht. Wichtig ist, nie alles auf einmal zu mähen und an immer wechselnden Standorten einen Teil der Fläche über den Winter ungemäht stehen zu lassen. Auch durch Sturmwürfe, Schneebruch, Schädlingsbefall oder Kahlschläge entstehen große Freiflächen, die für viele Arten sehr wichtig sind.

Die Zukunft der Schmetterlinge

Neben der Zerstörung der natürlichen Lebensräume sind viele Schmetterlinge auch vom Klimawandel betroffen. Nach dem Klimaatlas der Tagfalter Europas, herausgegeben vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung und weiteren europäischen Organisationen, könnten 70 der rund 300 untersuchten Arten 95% ihres Lebensraumes verlieren, wenn das schlimmste Klima-Szenario eintritt: ein Temperaturanstieg von 4,1 Grad Celsius bis 2080. Auch ein geringerer Temperaturanstieg von 2,4 Grad Celsius wäre für die Falter fatal: 147 Arten würden mehr als die Hälfte des für sie geeigneten Areals verlieren.

Der ideale Lebensraum vieler Schmetterlinge hat sich bereits in den letzten beiden Jahrzehnten in Europa schneller nach Norden verschoben, als die Arten mit wandern können. Bestimmte wärmeliebende Arten sind klimabedingt in den letzten Jahren aber auch eingewandert oder häufiger geworden, so z.B. Schwalbenschwanz, C-Falter oder Kaiserfalter. Kleiner Fuchs, Tagpfauenauge und Landkärtchen haben ihren Lebensraum sogar ausgeweitet, diese Arten sind aber Anzeiger für eine degradierte Umwelt. Generell werden die Populationen vieler Schmetterlingsarten durch den Klimawandel kleiner und dadurch verwundbarer, sie könnten in den nächsten Jahren komplett verschwinden. Umso wichtiger ist es also, noch vorhandene Schmetterlingsbiotope zu erhalten und wieder neue Lebensräume zu schaffen, um die Schmetterlinge auch in Zukunft bestmöglich zu erhalten und zu fördern.

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Waldland Österreich

Im europäischen Vergleich liegt Österreich im oberen Bereich was die Waldfläche angeht. Insgesamt 47,6 % der Landesfläche sind mit Wald bedeckt, seine waldreichen Nachbarländer Schweiz und Deutschland sind auch weit oben. Aufgrund der großen Waldfläche hat der Forstsektor auch eine große Bedeutung in Österreich. Über 300.000 Menschen sind dort beschäftigt und bringen jährlich einen Produktionswert von ungefähr zwölf Milliarden Euro ein. Das sind ca. 4 % des Bruttoinlandproduktes. Davon gehen um die 70 % der Produkte und Produktionsleistungen in den Export.

Im Vergleich ist in Deutschland 32 % der Landesfläche mit Wald bedeckt und ca. 1,1 Millionen in der Forstwirtschaft beschäftigt. 2018 wurden in Deutschland 64,55 Millionen Kubikmeter Holz eingeschlagen, 20,7 % mehr als im Vorjahr. Von den eingeschlagenen Holzmengen 2018 sind rund 5,4 % exportiert worden, was einer Menge von 3,5 Millionen Kubikmeter Rundholz entspricht. Andererseits wurden 7,1 Millionen Kubikmeter Rundholz nach Deutschland importiert.

Die österreichischen Wälder wachsen

Die aktuelle österreichische Waldinventur (ÖWI) hat ergeben, dass in Österreichs Ertragswäldern der Holzvorrat bei 1173 Millionen Vorratsfestmetern (Vfm) liegt. Davon sind 29,7 Millionen Vfm stehendes Totholz. Seit der ersten Inventur, die von 1961 bis 1970 stattfand, sind die Vorräte beständig gestiegen. Damals waren 780 Millionen Vfm vorhanden, bis zu der momentanen ÖWI sind die Vorräte also um 50% gestiegen. In den Schutzwäldern sind zudem noch zusätzliche 31 Millionen Vfm vorhanden. Weiterhin haben sich die Durchmesserklassen in den Wäldern verschoben, und zwar hin zu den oberen Klassen. Auch haben sich die Baumartenzusammensetzungen weiter von Nadelbeständen hin zu Laubbeständen verschoben. Trotzdem ist die Fichte immer noch die dominierende Hauptbaumart, da Bäume eine lange Wuchsperiode haben und langsam wachsen, wodurch der Waldumbau Jahrhunderte dauert. Die Vorratsaufstockung in Österreich ist vor allem im Kleinwald passiert. Weiterhin werden Zuwachs und Nutzung immer weiter angenähert. Die Nutzung von 2007 bis 2018, also dem Zeitraum zwischen zwei Waldinventuren, im Ertragswald beläuft sich auf 26,2 Millionen Vfm pro Jahr. Der Zuwachs in der gleichen Periode liegt bei 29,7 Millionen Vfm pro Jahr.

Zwar werden an diesen Zahlen deutlich, dass Österreich eine gute Nutzungs- und Vorratsbilanz hat, allerdings wird das meiste Holz außer Landes exportiert und gleichzeitig Holz importiert. Hier sollte Österreich zu versuchen Stoffkreisläufe klein zu halten und im Land produziertes Holz zu verwenden. Der Import von kann insofern kritisiert werden, dass ja eigentlich genügend Holz vorhanden ist, was stattdessen exportiert wird. Auch kann bei Importen nicht genau gesagt werden, aus welchen Quellen diese stammen und ob sie so nachhaltig produziert wurden wie in Österreich. Dies gilt zum Beispiel für aus osteuropäischen Ländern. Allerdings sollte der Fokus nicht nur auf der Holzproduktion, sondern auf dem gesamten Ökosystem liegen. Deswegen können Interessenskonflikte entstehen, da wir auf der einen Seite Energie und Baustoff benötigen, auf der anderen Seite resiliente Waldökosysteme. Und Holz als vielfältig verwendbarer Rohstoff ist eine wichtige biologische und klimafreundlichere Alternative zu anderen Stoffen. 

Europäische Buchenwälder, UNESCO Weltnaturerbe und BEECH POWER als Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität im Wald

Das Webinar, gehalten von Marcus Waldherr, informierte über die Bedeutung der Buchenwälder für den Waldnaturschutz in Europa. Ein besonderes Augenmerk legte er dabei auf die transnationale serielle UNESCO Weltnaturerbestätte „Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas“. Anhand des aktuell von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde und mehreren europäischen Partnern umgesetzten Interreg Central Europe Projektes „BEECH POWER – empowering and catalyzing an ecosystem-based sustainable development“, das Marcus leitet, zeigte er deren Potenzial für den Beitrag zum Schutz der Biodiversität im Wald und zur regionalen nachhaltigen Entwicklung auf.

BEECH POWER fokussiert sich vor allem auf die Managementunterstützung der Weltnaturerbestätten in Deutschland, Österreich, der Slowakei, Slowenien und Kroatien, wobei die Biodiversität dadurch sekundär gefördert wird, denn die Wirkung des transnationalen UNESCO Weltnaturerbes geht natürlich über die Grenzen der Teilgebiete hinaus und stellt großes Potenzial auch für angrenzende Gebiet dar.

Schaut euch hier die Aufzeichnung des wirklich spannenden Webinars an oder ladet euch die Präsentation herunter:

Der Baum des Jahres 2021: die Stechpalme

Die Stechpalme (Ilex aquifolium) wurde zum Baum des Jahres 2021 von der Dr. Silvius Wodarz Stifutung in Deutschland gekürt. Sie ist ein Paradebeispiel für den Artenschutz, da sie schon seit 100 Jahren unter Schutz steht, ihre Bestände sich erholt haben und nun wieder einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität in heimischen Wäldern leistet.

Eine Tradition als Namensgeber

Ja, die Stechpalme ist ein Baum. Der Name hängt mit der christlichen Tradition am Palmsonntag zusammen. Weil Jesus damals mit Palmwedeln begrüßt worden war, diese in Mitteleuropa aber nicht erhältlich waren, dienten bei Prozessionen Sträuße aus Zweigen der Stechpalme als kirchlich geweihter Palmwedel-Ersatz.

Standortsbedingungen

Obwohl der Name andeutet, dass es eine Palme ist und ihre Wuchsart eher an ein strauchartiges Gehölz erinnert, kommt es jedoch sehr auf die Lichtverhältnisse an, wie der Baum im Endeffekt wächst. Bei weniger Licht kann er bis zu 5 Meter hoch werden und eher in die Breite wachsen. An lichten Waldstandorten oder in Parks und Gärten schießt sie etwa 10 Meter in die Höhe und ähnelt in der Gestalt dann eher einem Nadelbaum.

Die Verbreitung der Stechpalme

Die Stechpalme ist in Europa heimisch und wuchs schon vor über zwei Millionen Jahren auf unserem Kontinent, auf dem es damals allerdings deutlich wärmer war. Heute fühlt sich die Stechpalme vor allem dort wohl, wo es recht milde Winter ohne Früh- und Spätfröste und nicht allzu trockene Sommer gibt. Das ist vor allem das Gebiet, dass klimatisch stark durch den Atlantik geprägt ist: Westeuropa von der Südwestküste Norwegens bis zur Iberischen Halbinsel. Die aktuellen klimatischen Veränderungen lassen die Art aber nun auch wieder vermehrt an Standorten im Norden und Osten Europas gedeihen.

Schutz der Stechpalme

Aufgrund der religiösen und dekorativen Nutzung der Stechpalme während der Weihnachts- und Osterzeit, wurde sie im 19ten und anfangs des 20ten Jahrhunderts unter starkem Druck gestellt. In den 1920er-Jahren reagierten Forstleute, Naturschützer und Politiker auf den dramatischen Rückgang der Stechpalme in Deutschland, indem sie die Pflanze unter Schutz stellten. Mittlerweile haben sich die Bestände erholt und liefern einen wichtigen Beitrag zur biologischen Vielfalt der heimischen Wälder. „Der sympathische Immergrün ist ein hervorragender Brutplatz und eine wichtige Nahrungsquelle für Vögel, Bienen und Hummeln“, betonte Schirmherrin der Organisation Julia Klöckner. Daher ist die Stechpalme auch Bestandteil des Ziels der Bundesregierung, den Umbau der deutschen Wälder zu klimaangepassten Mischwäldern weiter voranzubringen.

Baum des Jahres 2020 war übrigens die nicht heimische Robinie. Sie kann zwar andere Pflanzen verdrängen, gilt wegen ihrer Widerstandsfähigkeit aber auch als Hoffnungsträger in Zeiten des Klimawandels.

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EU Forestry Strategy: Bestimme über die Zukunft der Wälder Europas mit!

Im Rahmen des Europäischen Green Deal hat die Kommission eine neue Forestry Strategy (Waldstrategie) angekündigt. Diese baut auf die geplante Biodiversitätsstrategie auf und soll sich auf die verschiedenen Aspekte des Waldes und dessen zahlreiche Dienstleistungen konzentrieren.

Die Kommission ruft die Bevölkerung noch bis 4. Dezember 2020 dazu auf, ihr Feedback zu der Strategie zu liefern. Das ist Ihre Möglichkeit, Ihren Ideen Gehör zu verschaffen und Herausforderungen und Probleme in ihrer Region zu teilen.

Die Strategie zielt darauf ab, gesunde und widerstandsfähige Wälder zu gewährleisten, die zur biologischen Vielfalt, zur Eindämmung des Klimawandels, und zur Sicherung von Lebensunterhalten beitragen. Gleichzeitig soll sie eine Kreislaufwirtschaft im Forstsektor unterstützen. Der Schwerpunkt liegt vor allem auf dem Schutz des Waldes, dessen Restauration und der EU-weiten nachhaltigen Bewirtschaftung.

Die Länder der EU und ihre Bevölkerung sind so verschieden wie ihre Wälder. Die Forestry Strategy wird einen Rahmen bieten, EU Fördermittel effizient zu vergeben und idealerweise Regionen und Wälder fördern, die die Unterstützung am nötigsten haben. Deshalb ist es vor allem wichtig, dass erfahrene Förster und Experten ihre Visionen zu der Strategie beitragen.

In der folgenden Webseite können sie ihr Feedback abgeben:

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BEECH POWER: Alte Buchenwälder in Europa schützen

Seit 2019 läuft das Projekt „BEECH POWER – Welterbe Buchenwälder: Stärkung einer ökosystem-basierten nachhaltigen Entwicklung“. Das übergeordnete Ziel dieses internationalen Projektes ist es, das integrierte Management der UNESCO Welterbe-Stätte „Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas“ zu verbessern. Durch die stärkere Einbindung der verschiedenen administrativen Ebenen und die Aktivierung aller relevanten Interessengruppen im Umfeld der Schutzgebiete sollen Qualität und Effektivität des Weltnaturerbe-Managements (Schutz der Integrität der Ökosysteme, regionale Verankerung) in den Teilgebieten erhöht werden. 

Zusammen mit sechs Partnern in fünf europäischen Ländern macht sich die European Wilderness Society für die UNESCO-Weltnaturerbestätte stark. Unter der Leitung der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde arbeiten Buchenwald-Welterebestätten in Deutschland, Kroatien, Slowenien, Slowakei und Österreich zusammen, um innovative Modelle für eine nachhaltige Regionalentwicklung in den Welterbe-Regionen zu entwickeln. Neben zahlreichen anderen Aktivitäten soll ein „Buchenwald-Qualitäts-Standard“ erarbeitet werden, der die Verwaltung der Welterbestätten, aber auch öffentliche Stellen sowie Akteure der lokalen Zivilgesellschaft in ihrer täglichen Arbeit unterstützen soll.

Einzigartiges Welterbe

Das serielle Welterbe “Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas“ stellt mit seinen mehr als 40 Buchenwald-Schutzgebieten in 12 europäischen Ländern die größte und komplexeste Welterbestätte der UNESCO dar. Die Welterbestätte in der jetzigen gesamteuropäischen Form besteht erst seit 2017. Sie bietet ein vielfältiges Potenzial für Naturschutz und nachhaltige Entwicklung von Regionen und Kommunen.Dieses Potenzial muss sich allerdings noch besser entwickeln, findet das internationale Team, das im neuen EU-Projekt „BEECH POWER“ für die nächsten drei Jahre zusammenarbeitet.

Im Austausch mit allen Akteuren wie zum Beispiel den Waldbesitzer*innen und Gemeinden wollen wir gemeinsam Lösungen finden, um klare und wirkungsvolle Handlungsempfehlungen zu entwickeln.

Marcus Waldherr
HNEE-Projektkoordinator

Während die involvierten Schutzgebietsverwaltungen vor ähnlichen Herausforderungen stehen, unterscheiden sich die jeweiligen ökologischen und sozioökonomischen Zusammenhänge auf lokaler und nationaler Ebene erheblich. So sehen sich beispielsweise lokale Verwaltungseinheiten mit einigen Herausforderungen konfrontiert, wenn es um das Management von Pufferzonen, den angrenzenden Bereichen zum Schutzgebiet, geht. Das Projekt aus dem Programm „Interreg-Zentraleuropa“ BEECH POWER bringt Wissenschaftler*innen, Praxispartner*innen und Bürger*innen aus den jeweiligen Regionen zusammen. Anhand dreier Arbeitspakete soll das Management für die Schutzgebiete verbessert werden. Ziel ist die Verbesserung der Qualität und Effektivität des integrierten Managements der gesamten Weltnaturerbestätte. Dies soll durch die stärkere Einbindung von relevanten Behörden, regionalen Akteurinnen und Interessengruppen der Zivilgesellschaft, den Aufbau eines adäquaten Pufferzonen-Managementsystems erreicht werden.

BEECH POWER fördert regionale Prozesse auf internationaler Ebene

Im Rahmen partizipativer Prozesse werden Strategien für eine ökosystembasierte, nachhaltige Entwicklung in der Region erarbeitet. Verschiedene Pilotmaßnahmen beinhalten z. B. die Einrichtung lokaler Arbeitsgruppen, die Durchführung eines Jugend-Austauschprogramms und die Umsetzung einer regionalen Marketingstrategie.Das Projekt trägt erheblich dazu bei, Teilgebiete der Weltnaturerbestätte stärker in der jeweiligen Region zu verankern. Dadurch wird sowohl die Akzeptanz der Schutzgebiete als auch die Identifikation der lokalen Bevölkerung mit dem Weltnaturerbe als regionale Besonderheit von globaler Bedeutung gesteigert, zudem wird auch die lokale bzw. (inter-)regionale Vernetzung relevanter Akteurinnen und die Zusammenarbeit mit den Partner-Schutzgebieten und -Kommunen intensiviert.

Mehr Informationen auf der Projekt-Webseite und Facebook (auf Englisch).

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